Als Google 2018 einen Startup-Campus im Umspannwerk in Berlin Kreuzberg eröffnen wollte, formierte sich schnell großer Protest im Kiez und darüber hinaus. In der ungleichen Konfrontation zwischen Anwohner*Innen und dem Silicon-Valley Konzern zog letzterer seine Pläne schließlich zurück und evaluierte mit der Zivilgesellschaft und lokalen Akteur*innen die Bedarfe vor Ort erneut. Schnell war klar, dass der soziale Sektor einen Platz für sein Engagement braucht – um sich zu vernetzen und zu arbeiten. Am Ende wurde beschlossen, den Ort für fünf Jahre der Zivilgesellschaft zur Verfügung zu stellen, sowie passende Partner*innen zu suchen, die ein Konzept erstellen und das Umspannwerk für diese Zeit übernehmen.
Google sprach dafür initiativ betterplace und KARUNA jeweils unabhängig voneinander an. Anstatt sich jedoch separat zu bewerben, entschlossen sich die Organisationen für eine gemeinsame Bewerbung. Während sich die KARUNA Sozialgenossenschaft mit ihren benachteiligten Jugendlichen um soziale Innovationen zur Transformation der Gesellschaft für z.B. obdachlose Menschen kümmert, ist betterplace Deutschlands größte Spendenplattform für gemeinnützige Zwecke: Eine Partnerschaft zwischen einem sprichwörtlich ‘auf der Straße’ wirkenden Akteur und einer Organisation, die eher auf der Meta-Ebene aktiv ist. Diese Kombination aus Kopf, Herz und Hand schien allen Beteiligten wie ein idealer Mix, um den Ort in Zukunft offen und kollaborativ zu gestalten. Bald darauf wurden im Dialog mit Google die Bedingungen und Konditionen verhandelt und ein separates Team zum Management der Räume gegründet - und voilà, das bUm war geboren.
Das bUm sollte ein Ort zum Arbeiten, Veranstalten, Lernen und gemeinschaftlich Welt-Verändern werden – ein Ort an dem sich soziale Gründer*innen, Menschen ohne Wohnung, Politik, Nachbarschaft, gemeinwohlorientierte Unternehme*innen und ehrenamtlich Engagierte begegnen. Auf dem Papier scheint der Erfolg eines solchen Projektes fast gesichert. Doch für ein Vorhaben mit derart diversen Akteur*innen braucht es eben auch eine gute Ebene der Zusammenarbeit. Und genau hier begann es spätestens mit dem Ausbruch der Pandemie knapp ein halbes Jahr nach Beginn des Projektes zu kriseln.
Ein Raum – viele unterschiedliche Bedürfnisse
Denn wie so oft schien in der vorherigen Konzeption vieles klarer, als es dann letztlich in der Praxis war. KARUNA, die sich mit Ausbruch der Pandemie aufgerufen fühlte und durch den Berliner Senat um massive Hilfe zur Versorgung der rund 5000 Obdachlosen der Stadt gebeten wurde und das bUm-Team, hatten spätestens jetzt letztlich völlig unterschiedliche Zielgruppen. KARUNA brauchte Orte, um Obdachlose zu versorgen, Ware umzuschlagen, Hilfsgüter, Essen zu verteilen, Menschen zu beraten. Das Team benötigte Stellorte für die Lastenfahrräder, einen Ort für den Kiosk zur Ausgabe von kostenfreien Nahrungsmitteln, eine Anlaufstelle für die Menschen, die Unterstützung bei ihnen suchen. Das Team des bUm wiederum hatte eher einen Ort für Menschen konzipiert, die sich für Konferenzen, Workshops oder Projekt-Sprints zusammenfinden und dafür oft Ruhe und meist auch aufwändiges technisches Equipment brauchen. Spätestens ab Februar 2020 – der Pandemie und ihrer rasanten Dynamik geschuldet – brauchte es mehr Verständigung: Laut Eva vom bUm lag der Fokus eher darauf, eine gute Lösung für die eigene Organisation zu finden, als alle im Blick zu behalten. Beide Organisationen hatten wenig Zeit und personelle Ressourcen für eine richtige Kollaboration übrig.
So beschlossen die Beteiligten, im Rahmen des betterplace co:lab Programms ihre Kollaboration auf den Prüfstand zu stellen. Dabei wurde nach Beginn des Prozesses eigentlich relativ schnell klar, woran es fehlt(e): Alle Beteiligten wünschten sich ein starkes Bekenntnis für eine kollaborative Zusammenarbeit im Rahmen einer klaren und verbindlichen Governance – gestützt durch das gemeinsam zu absolvierende Kollaborationsprogramm. Zudem gab es den Wunsch nach Klarheit darüber, was jede*r Partner*in programmatisch einbringt. Um wieder auf den richtigen Weg dorthin zu gelangen und am sprichwörtlich ‘gleichen Strang’ zu ziehen, wurde der Prozess durch Bettina Rollow begleitet und von einem ersten Treffen im Mai 2020 über eine Mediation und eine Vielzahl an Arbeitstreffen und Allianzenschmieden im September 2021 zu Ende gebracht.
In diesen 15 Monaten wurden regelmäßig Annahmen und Ziele der Zusammenarbeit abgeglichen. Da der Prozess an einem herausfordernden Moment begann, war die Präsenz der Prozessbegleiterin Bettina Rollow sehr wichtig für den Fortschritt der Gespräche: