Astrid Salomon und Ellen Zimmermann von der BKK VBU sprechen über die Notwendigkeiten und Möglichkeiten, in sich verändernden Arbeitswelten für das eigene Wellbeing zu sorgen.
Ellen: In der Generation meiner Großeltern und der meiner Eltern wurde über psychische Probleme nicht öffentlich gesprochen. Ich kann mich an Schulzeiten erinnern, in denen Klassenkameradinnen nur unter vorgehaltener Hand erzählt haben, dass ihre Mutter oder der Vater „eingewiesen“ worden seien. Anstatt den Namen der Klinik zu nennen, wurde nur der Name der Haltestelle des öffentlichen Personennahverkehrs genannt – und jeder wusste Bescheid – oder meinte es zu wissen. Dass Gesundheit mehr ist als das körperliche Wohlbefinden, ist in Fachkreisen unumstritten. Jetzt gilt es, diese Erkenntnis in allen Bevölkerungskreisen bekannt zu machen, um offen und transparent damit umgehen zu können.
Astrid: Wir haben einen ziemlich großen Einfluss auf unser Wellbeing. Es gibt wissenschaftliche Studien, die zeigen, dass unsere Gene, unsere Verhaltens- und Lebensweise, aber auch unsere Bildung, unser Beruf und unser Einkommen, also die sozioökonomischen Bedingungen unsere Gesundheit beeinflussen. Hinzu kommen Umweltfaktoren und die vorhandene Gesundheitsversorgung. Den größten Einfluss aber haben wir selbst, nämlich durch unsere eigene Lebens- und Verhaltensweise. In Zahlen ausgedrückt: Zu rund 38 Prozent haben wir unsere Gesundheit selbst in der Hand. Wir bestimmen, was wir essen, wie oft wir uns bewegen, ob und wenn ja, wieviel Alkohol wir trinken oder ob wir rauchen. Das Gute ist, dass wir antrainierte Verhaltensweisen auch wieder ändern können – auch wenn es langwierig und schwer ist. Insofern ist es nie zu spät, mit dem persönlichen Wellbeing zu starten. (Quelle der Zahlen: Synthese aus drei Metastudien, www.economiesuisse.ch)
Ellen: Unsere Welt wird immer schneller, immer komplexer, insofern wird im Gegenzug „Wellbeing“ immer wichtiger. Denn wie will jemand in dieser Welt bestehen, der sich nicht um sich selbst kümmert? Die sich verändernde Arbeitswelt trägt ebenfalls dazu bei, dass Wellbeing nicht mehr nur ein Trend ist. Neben den Coworking-Spaces und Startups machen sich auch immer mehr „etablierte“ Firmen, Ministerien und auch Handwerksbetriebe auf in die neue agile Arbeitswelt. Hier überall gilt es, die Menschen mitzunehmen, für ihr Wohlbefinden zu sorgen und ihnen zu zeigen, was sie selbst tun können, um gesund zu bleiben.
Astrid und Ellen: Wir arbeiten derzeit überwiegend im Home-Office und haben festgestellt, dass es uns hier manchmal sogar schwerer fällt als im Büro, auf uns zu achten, genügend Pausen zu machen und uns zu bewegen. Deshalb haben wir seit einiger Zeit feste Zeiten in unseren Kalendern für je eine Mittags- und eine Bewegungspause eingeplant. Letztere kann das Laubharken auf der Straße oder der Tanz mit dem Staubsauger oder das Toben mit den Kindern sein.
Astrid: Seit einiger Zeit lese ich regelmäßig das Magazin Flow, ein Heft, dass der Leserschaft nahe bringt, nicht durch den Alltag zu hetzen und sich Zeit für die schönen Momente des Lebens zu nehmen. Es enthält viele Fotos, Illustrationen und kleine Lebensweisheiten – ich mag es. Als Mutter von zwei quirligen Jungen muss ich manchmal zudem darauf bestehen, mir Auszeiten zu nehmen. Ich habe gelernt, „Nein“ zu sagen, zum Beispiel, wenn sich Freunde am Wochenende einladen und ein solcher Besuch für mich aber Stress bedeuten würde. Und ich gehe seit einigen Monaten wieder regelmäßig zum Handballtraining.
Ellen: Gemeinsam mit der pronova BKK und der Salus BKK haben wir vor einiger Zeit ein Pilotprojekt gestartet, in dem es darum geht zu erforschen, ob neue Arbeitsformen auch neue Angebote der betrieblichen Gesundheitsförderung erforderlich machen. Wir sehen uns auch innerhalb des BKK-Systems ein bisschen als Pioniere, denn tatsächlich wurde diese Fragestellung von anderen Krankenkassen bisher noch nicht thematisiert.
Wir sind sehr gespannt, wie die Ergebnisse des betterplace well:being Projektes aussehen und welche Schlussfolgerungen wir daraus ziehen werden können – und zwar über allen Kassenarten hinweg zum Wohl aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Das Programm betterplace well:being ist ein Projekt des betterplace lab und wird unterstützt durch die BKK∙VBU, pronova BKK und Salus BKK.
Neugierig geworden? In fünf aufeinander aufbauenden Einsteiger*innen-Workshops vermittelt das betterplace well:being-Programm Werkzeuge für einen besseren Selbstkontakt. Teilnehmende trainieren Fähigkeiten wie Selbstreflexion, transparente, gewaltfreie Kommunikation und Empathie. Mehr Infos findet ihr unter diesem Link.
Foto: Finn | Unsplash