Schon krass, wie aufgewühlt ich bin, nachdem ich zwei Menschen, die ich noch nie gesehen habe und die ich vermutlich nicht wieder treffen werde, an meinen spontanen Gedanken teilhaben lasse zu den Fragen, wo ich in meinem Leben Geld als Hindernis erlebe, um die Wirkung zu erzielen, die ich erschaffen möchte, was ich in meinem Körper spüre, wenn ich über Geld spreche und wo mich das anstrengt.
Die beiden anderen in der Mini-Workshop-Gruppe erzählen mir, was sie empfanden, als sie meinem auf drei Minuten getimten Monolog gelauscht haben. Meine Zuhörer*innen sortieren meine Gedanken vor allem in ihren Erfahrungskosmos ein. Als die beiden wiederum ihre Gedankengänge zu den Fragen schildern, reagiere ich darauf haargenauso wie sie. Ich suche die Verbindungen zu meinem Verhältnis zum Geld. Alle haben wir uns gegenseitig aufmerksam zugehört. Und doch ist jede/r sehr mit sich selbst beschäftigt. Vielleicht ist das immer so, wenn es ums Eingemachte geht. Mir scheint das bei diesem Thema dennoch eine besondere Qualität zu haben.
Es wundert mich allerdings auch nicht, dass das Thema Geld emotional aufgeladen ist. Wer hat es nicht schon erlebt, dass Gespräche mit Freund*innen oder Familienangehörigen eine ganz andere Dynamik erhalten, wenn "der schnöde Mammon" angeschnitten wird? Beziehungen können sich stark verändern oder sogar zerbrechen, wenn Geld so richtig ins Spiel kommt.
Am 8. März haben sich eine ganze Menge Leute darauf eingelassen, mit Coach Nadjeschda Taranczewski die eigene Beziehung zu Geld in dem Workshop "Geld & Wert", übrigens dem ersten Event der Reihe betterplace co:lab X, der an das Workshop-Programm betterplace co:lab angeschlossen ist, zu reflektieren.
Es gab noch eine weitere Frage, die wir in den Kleingruppen beantworten sollten, die von Nadjeschda Taranczewski als die Kernfrage von ‘moneywork’ (Geldarbeit) bezeichnet wurde:
Was projizieren wir eigentlich auf das Thema Geld?
Nicht leicht zu beantworten, wenn 95 % der Projektionen auf Geld schließlich unbewußt sind.
Klicke auf das Bild, um den Ausschnitt aus dem Interview mit Nadjeschda Taranczewski zu sehen.
Das berühmte Hamsterrad
Der Mensch geht in den meisten Fällen einer Lohnarbeit nach, um Geld zu verdienen. Er hat die Idee im Kopf, dass er, wenn er genug erarbeitet hat, machen kann, was er will – da ist er, der Traum von einem selbstbestimmten Leben.
Und schon befindet sich der Mensch – ob er Arbeitnehmer*in oder Arbeitgeber*in oder ob er Freiberufler*in ist – laut Nadjeschda Taranczewski auch schon im „goldenen Hamsterrad“. Während der Mensch tagein, tagaus arbeitet, muss er das bei der Arbeit erfahrene Leid kompensieren und sucht Trost im Konsum. Aus dem/r Arbeitenden wird ein/e Konsument*in. Desto mehr Geld diese/r ausgibt, desto mehr muss er/sie erwirtschaften. Und so hängt er/sie fest in einer Schleife und hält konstant den Abstand zu seinem/ihrem Ziel: dem selbstbestimmten Leben.
Und selbst wenn man dem Hamsterrad durch günstige Umstände oder hohen persönlichen Einsatz zu entkommen scheint, wartet auch schon das nächste Hamsterrad, denn Geld ist laut Nadjeschda Taranczewski ein moving target: Die Ansprüche wachsen mit dem Kontostand. Es ist also ziemlich sicher nie genug davon da. Die Distanz zum eigentlichen Ziel, dass der Traum vom selbstbestimmten Leben sich erfüllt, bleibt.
Peter Koenig, auf dessen Ansätzen das Programm CU*money aufbaut, hat sich einen Trick einfallen lassen: den Spieß umdrehen.
Das Ziel der Geldarbeit ist, mich so zu entspannen, dass ich das tun kann, was ich liebe und zwar mit und ohne Geld.
Auf Anja Adler’s Frage, wie man denn da hin komme, antwortet Nadjeschda Taranczewski, dass der Weg aus dem Hamsterrad mit den beschriebenen Projektionen zu tun habe.
Klicke auf das Bild, um den Ausschnitt aus dem Interview mit Nadjeschda Taranczewski zu sehen.
Es drängt sich die Frage auf, ob sich der Spruch "Jeder ist seines Glückes Schmied“ damit bestätigt. Ganz klar sind die Strukturen und Systeme, in denen wir leben, nicht einfach so auflösbar. Geldarbeit bleibt aber, wenn man es wie Nadjeschda Taranczewski genau betrachtet, dennoch auch in äußerst ungünstigen Umständen, mindestens ein Schritt "selbstwirksam zu werden, was prinzipiell der beste Startpunkt ist um in der Welt etwas zu bewegen".
Der Workshop am Frauentag war ein Einstieg in ein komplexes Feld und einen spannenden Ansatz. Es gibt die Möglichkeit tiefer einzutauchen in der nächsten CU*money-Runde, die vom vom 27. März 2021 bis 11. Juni stattfindet und und außerdem auch weitere interessante Veranstaltungen in der betterplace co:lab X Reihe.
Wenn ihr noch mehr über Nadjeschda Taranczewskis Arbeit erfahren wollt, schaut auf ihrer Webseite vorbei oder erfahrt in den beiden Artikeln Money Makes the World Go Round Part 1 und Money Makes the World Go Round Part 2 mehr über Geldarbeit sowie bewusste und unbewusste Projektionen. Zu empfehlen ist außerdem die Webseite von Peter Koenig und ein spannendes Gespräch von Nadjeschda Taranczewski zu Geld im Rahmen von New Work (Money Talks) mit betterplace lab-Gründerin Joana Breidenbach. Wer richtig einsteigen will in die Materie, nehme an diesem Kongress teil: https://createlovein.business/