Menschen, die sich haupt- oder nebenberuflich engagieren, tragen besonders viel Verantwortung. Der Balanceakt zwischen Job, Engagement und privater Care-Arbeit kann zu hohem psychischem und körperlichem Stress führen. Obwohl die meisten merken, dass sie sich überlastet fühlen, fällt es ihnen schwer, sich Zeit für ihr eigenes Wohlbefinden zu nehmen.
Bedürfnisse von Mehrfachbelasteten
In einem Design Sprint im letzten Sommer haben Menschen getroffen, die sich mehrfach belastet fühlen. Gemeinsam mit ihnen wollten wir herausfinden, was sie benötigen, um ihr Wohlbefinden zu verbessern und langfristig einem Burnout entgegenzuwirken. Die Teilnehmenden des Design Sprints verstanden Wellbeing als das Halten der Balance innerhalb ihrer Lebensbereiche. Verpflichtungen sollten nicht zu viel Raum einnehmen und sie müssten die Fähigkeit besitzen, klare Grenzen zu setzen - ein “Nein” zu anderen bedeutet manchmal das “Ja” zu sich selbst.
Basierend auf den Erkenntnissen dieses Sprints haben wir einen Workshop entwickelt, der den Bedürfnissen von Personen mit Mehrfachbelastungen entspricht. Die Teilnehmenden des Design Sprints haben sich dabei insbesondere Räume zum Atmen gewünscht, Räume für eine Pause und erfahrungsbasierten Austausch. Austauschräume würden sie dabei unterstützen, ihr Netzwerk auszubauen und sich gegenseitig zu empowern und zu stärken. Wichtig war den Mehrfachbelasteten, dass die Strukturen im Außen die Workshops ermöglichen. Das Angebot ist dann sinnvoll, wenn es für Menschen in prekären Arbeitsbedingungen und in unterschiedlichen Lebenslagen zugänglich ist. Inhalte sollten für das Selbststudium geeignet sein, sodass die Vielbeschäftigten flexiblen Zugang haben. Angebote sollten entsprechend nicht ein extra “To Do” sein, sondern in den Alltag integriert werden können.
Workshops für Mehrfachbelastete
Der Kurs “Selbstkontakt stärken”, der sich über drei Module von November bis Januar erstreckte, lud Menschen mit Mehrfachbelastungen ein, sich selbst wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken und über die Regulation ihres eigenen Nervensystems zu lernen. Angepasst an die geäußerten Bedürfnisse im Design Sprint fand der Kurs “Selbstkontakt stärken” teils live, teils im Selbststudium statt. Die drei Module “Stresslevel senken und Energie gewinnen”, “Nährende Beziehungen aufbauen” und “Nervensystem im Alltag regulieren” waren entsprechend aufgeteilt in einen Input, der aufgezeichnet wurde und somit im Selbststudium absolviert werden konnte, und einen interaktiven Austausch, der neben authentischem Austausch auch die Vernetzung der Teilnehmenden zum Ziel hatte.
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Aufbau des Workshops
Stress wahrnehmen und das Nervensystem regulieren
An unserem Workshop nahmen Menschen teil, die Mehrfachbelastungen wie Familie, Vollzeitanstellung und Geschäftsführung im Ehrenamt oder z.B. der Gründung eines Social Businesses neben der Festanstellung ausgesetzt sind. Begleitet von den Trainerinnen Anjet Sekkat und Jana Schmitz haben sie eine Reise erlebt, die darauf abzielte, ihr Wohlbefinden zu steigern und sie mit Werkzeugen für ein ausgeglicheneres Leben auszustatten.
Im ersten Modul "Stresslevel senken und Energie gewinnen" lag der Fokus darauf, die Selbstwahrnehmung zu vertiefen und eine stärkere Verbindung zu sich selbst durch praktische Übungen herzustellen. Dies ermöglichte den Teilnehmenden, eine bessere Balance zwischen ihrem persönlichen Wohlbefinden und den Anforderungen des Alltags zu finden. Die Evaluationen zeigten einstimmig, dass der Workshop als eine wertvolle Erfahrung empfunden wurde, die zu mehr Gelassenheit, Selbstbewusstsein und allgemeinem Wohlbefinden führte.
Im zweiten Modul "Nährende Beziehungen aufbauen" standen die Beziehungen zu sich selbst und anderen im Mittelpunkt. Teilnehmende erkundeten Wege, ihre persönlichen Grenzen besser wahrzunehmen und konnten dadurch klarer "Nein" sagen, wenn nötig. Der Workshop bot einen sicheren Raum für den Austausch über persönliche Themen und Herausforderungen, um nährende Beziehungen im Leben der Teilnehmenden zu fördern.
Das dritte Modul "Nervensystem im Alltag regulieren" konzentrierte sich darauf, den Teilnehmenden ein tieferes Verständnis für die verschiedenen Aspekte ihres Nervensystems zu vermitteln. Sie erlernten praktische Übungen, um Stress frühzeitig wahrzunehmen und angemessen darauf zu reagieren. Die Meditationen und Körperwahrnehmungsübungen rundeten den Workshop ab und ermöglichten den Teilnehmenden eine gesteigerte Selbstwahrnehmung und innere Ruhe.
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Foto: Pexels
Insgesamt bot der Workshop den insgesamt 44 Teilnehmenden ein ganzheitliches Toolkit zur Förderung ihres Wohlbefindens, indem er sie dazu ermutigte, sich selbst besser kennenzulernen, gesunde Beziehungen zu pflegen und ihre Stressbewältigungsfähigkeiten zu stärken. Der Workshop gab den Teilnehmenden Tools an die Hand, die ihnen im Alltag dabei helfen können, den Zustand ihres Nervensystems wahrzunehmen und darauf mit Atemübungen, Meditation oder z.B. dem 5 Step Self-Holding Exercise zu reagieren und es entsprechend zu regulieren.
Fazit
Das Feedback der Teilnehmenden war äußerst positiv und betonte besonders den interaktiven Austausch, die angenehme Atmosphäre sowie die wertvolle Erfahrung der Meditation. Der Workshop bot nicht nur Raum zur Reflexion, sondern darüber hinaus auch konkrete Werkzeuge für mehr Wohlbefinden und Gelassenheit im Alltag. Durch die gesteigerte Selbstwahrnehmung und innere Ruhe, die durch den Workshop ausgelöst wurden, waren sie besser in der Lage, sich selbst und ihre Mitmenschen wahrzunehmen. Eine Teilnehmerin formulierte ihr Fazit wie folgt: “Mir hat es besonders gut gefallen, dass wir diese gezielte Zeit zum Hineinhorchen hatten. Der Austausch mit fremden Menschen hat für mich eine ganz andere Offenheit möglich gemacht.”
Wer Interesse daran hat, die Inputs auch im Nachgang zu schauen, darf sich gern per Mail bei uns melden: kerstin.walter@betterplace-lab.org.
Weitere Informationen zum Programm betterplace well:being, das von den Krankenkassen BKK VBU, Pronova BKK und Salus BKK gefördert ist, findest du hier.
Titelfoto: Pixabay