Mit Blitz und Donner beginnt die Session zu Resilienz beim Deutschen Fundraising Kongress in Berlin. Dass das Drama vorprogrammiert ist, suggeriert der Titel: “To be or not to be - Resilienz in NGOs ist keine Luxusdebatte”. Über Shakespeare wird dann jedoch wenig gesprochen, auch wenn in seinen Dramen Resilienz so ein starkes Thema ist, dass darüber nicht nur Theaterwissenschaftler*innen Abhandlungen verfassen*.
Auf der Bühne im Convention Center des MOA-Hotels wurde der berühmte Ausspruch “To be or not to be” wörtlich genommen werden – es geht um das Sein oder Nichtsein von Organisationen in krisenhaften Zeiten. Dazu trifft Resilienzforscher Stephan Peters aus dem betterplace lab auf Sabine Kaldonek, die den Bereich Kommunikation und Fundraising der Frauenrechtsorganisation FEMNET e.V. leitet und Soziokratieexpertin Janna Buchele, Gründerin des Soziokratiezentrums Leipzig.
Während Stephan Peters Studienergebnisse zu organisationaler Resilienz vorstellt und aufzeigt, welche Ressourcen und Praktiken Organisationen brauchen, um resilient zu werden, beschreibt Sabine Kaldonek direkt die Anwendung anhand ihres Vereins FEMNET e.V. und wie dieser sich in der Krise zwangsläufig gewandelt hat.
Das kann Stephan Peters nur unterstreichen: “In der Krise MÜSSEN wir reagieren. Wir haben keine andere Wahl. Darum ist die Fähigkeit reagieren zu können, so wichtig.” Dazu gehört, dass wir “als Organisation die Fähigkeit erlernen, frühe Warnzeichen wahrzunehmen, denn dann können wir besser reagieren. Wir müssen es schaffen, Spielräume zu erarbeiten.”
Das Stichwort nimmt Sabine Kaldonek auf. Sie betont, wie wichtig es war, in ihrer Organisation Spielraum zu schaffen für die Klärung von Kulturfragen. Eine kluge Geschäftsführerin habe “die Zeit für Kulturfragen stark eingefordert, auch gegen den Widerstand von Mitarbeitenden.” Dabei habe sich herausgestellt, dass es vielmehr die kleinen Stellschrauben sind, die “mittelfristig mehr bringen als Effizienz.” Ganz klar benennt sie, was einen Wandel erzeugt hat: “Weg von defizitären Aussagen. Mehr feiern. Konjunktiv verbieten.”
Sind das Maßnahmen, die Organisationen helfen, resilient zu werden? Ein Rezept kann es laut Stephan Peters nicht geben. Organisationen bestehen aus Individuen, leben Prozesse und einigen sich auf unterschiedliche Werte und Ausrichtungen. Darum versteht sich der im März veröffentlichte Leitfaden für eine resiliente Organisation eher als Baukasten, aus dem sich Organisationen so bedienen können, wie es zu ihnen passt.
Als die Moderatorinnen Ulrike Herkner und Miriam Wagner Long die Zuschauer*innen einbeziehen, möchten diese konkrete Tipps mitnehmen. Wie umgehen mit Traumata, die durch das Scheitern eines holokratischen Systems in einer Organisation vorhanden sind? Gibt es etwas besseres als Wie-gehts-mir-Runden, um das gute Miteinander zu pflegen? Die zweite Frage lässt sich recht schnell beantworten. Stephan Peters baut auf die Diaden- und Triadenmethode: Einchecken in Zweier- oder Dreiergruppen spart nicht nur Zeit, sondern macht es introvertierten Menschen leichter, sich auch zu zeigen und von den Kolleg*innen gesehen zu werden. Die Traumata gilt es seiner Meinung nach aufzuarbeiten. Eine Kultur für solche Prozesse muss natürlich in einer Organisation erst einmal aufgebaut werden. Am besten holt man sich dafür auch professionelle Unterstützung, um weitere Verletzungen zu vermeiden. Denn auch das Erholen, Heilen und Regenerieren nach Krisen gehört nach unserem Verständnis zur Resilienz.
Wenn die Zeit aus den Fugen ist, um auf Shakespeare zurückzukommen, dann gilt einmal mehr: "Unser Schicksal hängt nicht von den Sternen ab, sondern von unserem Handeln." Um durch krisenhafte Zeiten navigieren zu können, muss eine Organisation bewußt Maßnahmen ergreifen.
Wer mag, findet in der Dissertation von Danilo Alessandro Caputo "Shakespearean Resilience: Disaster & Recovery in the Late Romances" lauter spannende Impulse und Verweise auf weiterführende Literatur zu Shakespeare und Resilienz.
Wir bedanken uns an dieser Stelle bei der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, die unser Forschungsvorhaben “Die resiliente Zivilgesellschaft” fördert.
Titelfoto: Gregor Zielke/Deutscher Fundraising Verband