Projektstart “Systemischer Umgang mit Desinformation”

Desinformationskampagnen destabilisieren schon heute die Demokratie. Das Problem der Desinformation ist dabei keinesfalls neu. Wo früher die Hexen Schuld sein sollten an den Problemen dieser Welt, werden heute andere Sündenböcke verantwortlich gemacht. Überdies ist die Strategie von Desinformationsakteur*innen heute, durch Desinformation zu verunsichern oder gar das Konzept von Wahrheit zu untergraben. Gerade im digitalen Raum wird Desinformation zudem durch technologische Strukturen (Stichwort: Aufmerksamkeitsökonomie) und Innovationen (Stichwort: Künstliche Intelligenz) versierter und gleichzeitig schneller und passgenauer weiterverbreitet. Dadurch werden der gesellschaftliche Zusammenhalt und damit letztlich unsere demokratischen Strukturen gefährdet.

Es gilt nun mehr denn je, faktenbasierte Kommunikation zu stützen und für ein demokratisches Miteinander zu werben.

Während synthetisch hergestellte Inhalte eher als Desinformation zu klassifizieren sind, sind besonders die Graustufen interessant, in denen kein Richtig und kein Falsch auszumachen ist. Ein Beispiel für solche Uneindeutigkeit ist soziale Mobilität, also die Bewegung von Einzelpersonen oder Gruppen zwischen unterschiedlichen sozio-ökonomischen Positionen. Denken wir an Redewendungen, wie die vom Glück, dessen Schmied*in jede*r selbst ist, suggerieren diese, es bestünde für jede*n die Möglichkeit des Ausgleichs von sozialer Ungleichheit aus eigener Kraft. Laut Datenreport gilt für Deutschland, dass die eigenen Anstrengungen im Erwachsenenalter nur einen Teil der unterschiedlichen Positionen in der Gesellschaft erklären. Ist die Erzählung der Meritokratie also eine Desinformation? Welche Rolle spielen bestehende Machtverhältnisse bzw. die eigene Position in der Gesellschaft dafür, wie man diese Frage beantworten kann? Weiter gefasst: Was hat die eigene Verwobenheit mit dem System damit zu tun, wie Menschen Wahrheit interpretieren oder konstruieren?

Um uns solchen komplexen Fragestellungen konstruktiv zu nähern, veranstalten wir eine Reihe von Workshops.

Workshops zum systemischen Umgang mit Desinformation

Das Projekt “Systemischer Umgang mit Desinformation” wird bis Ende 2024 vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Bundesprogramm “Demokratie leben!” gefördert. In Form von Workshops wollen wir uns mit der Betrachtungsweise von Desinformation, wie auch mit Strategien im Umgang damit beschäftigen. Die Workshops zeichnet sich aus durch:

(1) inhaltliche Kompetenzstärkung, indem vermittelt wird, wie der Entstehungs- und Verarbeitungsprozess von Desinformation aussieht und welche Interventionsstrategien wirksam sind. Einerseits vertiefen wir die Betrachtungsweise von Desinformation als Wertschöpfungskette, andererseits thematisieren wir die gesellschaftliche Einbettung von Desinformation.

(2) innere Kompetenzstärkung, indem die Teilnehmenden die eigene Verortung im ‘System Desinformation’ reflektieren. Zudem wollen wir uns mit eingefahrenen Mustern beschäftigen, die die Arbeit und/oder das Wellbeing zivilgesellschaftlicher Akteur*innen erschweren. Es sollen Ambiguitätstoleranz, also die Fähigkeit, mehrdeutige Situationen und widersprüchliche Handlungsweisen auszuhalten, und die Resilienz der Akteur*innen gestärkt werden.

(3) Vernetzung von zivilgesellschaftlichen Akteur*innen, die entweder bereits explizit gegen Desinformation vorgehen oder implizit in ihrer Arbeit von ihr betroffen sind.

Die Workshops richten sich an zivilgesellschaftliche Akteur*innen, die bereits an Desinformation arbeiten, sowie an jene, die im Rahmen ihrer Arbeit an gesellschaftlichen Schieflagen vermehrt von Desinformation betroffen sind. Die Workshops werden daher in folgenden Themenfeldern angeboten: Klima (digital und damit für den gesamten deutschsprachigen Raum), soziale Gerechtigkeit (Berlin) und Migration (Dresden). Die ersten Workshops starten im September, Termine und weitere Informationen findet ihr in den kommenden Wochen auf unserer Website.


Die Veröffentlichung stellt keine Meinungsäußerung des BMFSFJ oder des BAFzA dar. Für inhaltliche Aussagen tragen die Autorinnen und Autoren die Verantwortung.

Titelfoto: Graffity in London probably made by Banksy | Matt Brown,<="" a=""> via Wikimedia Commons

Unser Podcast

Die erste Folge in der Resilienz-Reihe