65 % aller gegenwärtig von Menschen ausgeführten Aktivitäten werden innerhalb der nächsten 10 bis 20 Jahre automatisierbar sein (vgl. Ashoka, McKinsey & Company 2018). Welche Antworten finden wir als Unternehmen und Gesellschaft auf die bevorstehende Transition, wie schaffen wir den flächendeckenden Kompetenzaufbau für die Arbeit im 21. Jahrhundert?
Eine internationale Wirtschaftskanzlei (mit über 290 Anwälten und Steuerberatern an fünf Standorten) hat neun Sozialunternehmer*innen zu sich ins Innovationslabor eingeladen, um neue, kreative Ansätze zu prototypisieren. Mit ihrer Ausgangsfragestellung können sich vermutlich viele Unternehmen aktuell identifizieren:
“ Wie können wir Mitarbeitende dazu bringen, sich mit neuen Systemen zu beschäftigen, und Weiterbildungsmöglichkeiten anzunehmen? ”
Die Schwierigkeit besteht also darin, dass Mitarbeiter*innen Initiative zeigen sollen, sich neben dem stressigen Tagesgeschäft weiterzubilden für etwas, das sie (gefühlt) heute noch nicht brauchen. Der Nutzen ist unklar, die Belastung ohnehin hoch und so fehlen oftmals Anreize, Motivation und Vorbilder, um sich auf die kommenden Veränderungen vorzubereiten oder sie gar aktiv mitzugestalten. Unsicherheit lähmt. Entsprechend zeigt sich ein Muster unter den drei verschiedenen Lösungsansätzen, die im Innovationslabor herausgearbeitet wurden: spielerisch und niedrigschwellig neue Impulse von außen für die komplexe Welt von heute setzen. Schauen wir uns die Ansätze in Kürze an.
1. Raum für strukturierten internen Austausch
Der Arbeitstitel “Offsite Las Vegas” verspricht Spaß. In Regelmäßigkeit werden Mitarbeiter*innen zu dem Termin eingeladen, bei dem sie ganz unter sich – also bewusst ohne Vorgesetzte – Fragen klären und Erfahrungen austauschen können. Ein Thema wird gesetzt, ggf. wird auch mal jemand Externes für einen Impuls zu spannenden Entwicklungen eingeladen. Dieses Format fördert den Austausch und regt an, sich mit der Zukunft auseinanderzusetzen.
2. Treffen mit inspirierenden Persönlichkeiten
Jetzt wird es kulinarisch. Unter der Überschrift “Food for Brain” können die Mitarbeiter*innen sich für ein Matching anmelden, bei dem – entsprechend ihres Interessensgebietes – ihnen eine spannende Person vorgeschlagen wird. So können sie beim Lunch mit Künstler*innen, Sozial-Innovator*innen oder Zukunftsforscher*innen neue Perspektiven gewissermaßen über ihren Tellerrand hinaus erlangen. Das zeitliche Investment ist gering, interessante Persönlichkeiten schaffen Anreiz.
3. Langfristiges Austauschprogramm mit Digital Social Start-ups
Der dritte Vorschlag ist komplexer und aufwändiger. Mitarbeiter*innen werden freigestellt und können eine Zeitlang in einem digitalen Social Start-up mitarbeiten, um dort sowohl eine sehr digitale Herangehensweise als auch eine gesellschaftlich umfassendere Perspektive auf die aktuellen Entwicklungen mitzunehmen. Gleichzeitig können die Social Start-ups von dem Know-how der teilnehmenden Mitarbeiter*innen profitieren, es entsteht echter sozialer Mehrwert und zudem eine hohe Zufriedenheit bei den Mitarbeiter*innen, die nach Sinn in ihrer Tätigkeit streben.
Übergreifend braucht es bei allen Ansätzen ein klares Commitment von Seiten des Unternehmens: Es darf nicht länger eine diffuse Erwartung bleiben, dass Mitarbeiter*innen die Unsicherheit selbst aushalten und in Initiative umwandeln. Stattdessen liegt es am Unternehmen, Anreize und Freiräume zu schaffen. Die Weiterbildung ist gewünscht und wird gefördert. Die vorgestellten Prototypen zeigen dabei, wie erste, niedrigschwellige Impulse gestaltet sein können, um die Mitarbeiter*innen in Kontakt mit neuen Entwicklungen zu bringen und eigenständig in eine Gestalter*innen-Rolle zu wachsen.
Interessant ist dabei, dass in allen drei Ansätzen bewusst auf Impulse von außen gesetzt wird, die deutlich über das Ziel der Vermittlung von singulären Fachkompetenzen hinausgehen. Stattdessen zeigt sich ein neues Verständnis von Weiterbildung, das mindestens im gleichen Maße auf den Aufbau der sogenannten Digtal Skills, Human Skills und Meta Skills abzielt. Wie können wir Wandel gestalten? Wie können wir Kollaboration leben? Und wie können wir kreativ neue Lösungen finden? Diese Fragen für die Arbeit im 21. Jahrhundert werden uns sicherlich durch unser Arbeitsleben begleiten. Die gastgebende Wirtschaftskanzlei hat nun ein paar neue Ansätze, um sich auf den Weg zu machen
Mithilfe von verschiedenen Agilen Methoden und Ansätzen haben die zwei Innovationsberaterinnen Lena Haag und Laura Plemper von zero360 das erste Innovationslabor ausgestaltet und die Teilnehmer*innen durch den Prozess geführt. Für einen detaillierten Einblick hinter die Kulissen folgt in Kürze ein Erfahrungsbericht mit methodischem Fokus zum Workshop. Wir bedanken uns bei den Moderatorinnen Laura Plemper und Lena Haag von zero360. und den Sozialunternehmer*innen und Bildungsinnovator*innen Ronny Ehlen (Universität Hohenheim), Nora Hauptmann (betterplace lab), Martin Herrndorf (Colabor), Ariane Hussy (Teach First), Thomas Kemp (thomas-kemp.de), Stephan Peters (betterplace lab), Roman R. Rüdiger (talent::digital), Paulina Andrade Schnettler (Unity Effect) und Sarah Weidemann (Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW).
Das Innovationslabor ist ein Projekt des betterplace lab in Kooperation mit zero360., gefördert durch die Randstad Stiftung.
Als Unternehmen oder Bildungsinnovator*in können Sie gern direkt weitere Informationen zur Teilnahme anfragen!