Was war los im betterplace lab 2022? In dieser kurzen Rückschau blicken wir auf das, was uns besonders bewegt hat.
Jahresrückblick 2022
Der Krieg gegen die Ukraine
Nachdem sich 2022 im Januar durch Omikron ziemlich holprig anließ, träumten wir in Berlin von einer Entspannung, die der Frühling mit sich bringen würde, von mehr Planbarkeit im neuen Geschäftsjahr. Entspannung? Pläne? Das war es nicht, was man sich in Moskau für 2022 überlegt hatte. Im Angesicht des groß angelegten Angriffskriegs, den Putin ab dem 24.2. gegen die Ukraine zu führen begann und der großen Zahl an Flüchtenden, wurden unsere Vorhaben für 2022 quasi über Nacht zur Nebensache und wir versuchten, erstmal nach unseren Möglichkeiten zu helfen – ob nach Feierabend beim Unterstützen des Aufbaus der Plattform Unterkunft Ukraine oder direkt bei der Unterbringung von Ankommenden. Schnell stand die Frage im Raum, ob sich aus den Erkenntnissen, die wir 2015/16 zu digitalen Projekten in der Geflüchtetenhilfe gesammelt hatten, nicht Schlüsse ziehen ließen für die aktuelle Situation. Wir nahmen uns also die Studien vor und erstellten auf Grundlage des Mappings von 2015/16 eine aktualisierte Liste an noch bestehenden und neuen Hilfsangeboten und eine Analyse der ersten Initialphase in Reaktion auf den Ukraine-Krieg.
Im Verlaufe des Jahres wurde unübersehbar, dass der Krieg nicht nur auf dem Feld ausgetragen wurde, sondern zu einem erheblichen Teil auch im Netz. Es lag nahe, unseren auf Deutschland bezogenen Ansatz, Desinformation ganzheitlich anzugehen (s. Absatz Publikationen), nun auf den internationalen Kontext zu übertragen. In der zweiten Jahreshälfte 2022 setzten wir zusammen mit unserem ukrainischen Partner 1991 Accelerator das Projekt “REALIES – Strong civil society for a healthy information ecology.” um. Dabei ging es darum, Akteur*innnen der ukrainischen Zivilgesellschaft zu unterstützen, die sich für die Bekämpfung von Desinformation und die Förderung einer gesunden Informationsökologie und einer pluralistischen Informationslandschaft einsetzen. Begleitend ist eine Reihe von Blogposts erschienen, in denen die Vorhaben der Teilnehmenden vorgestellt werden, die ukrainische Informationslandschaft beschrieben wird sowie auf russische Einflussnahme und die internationalen Unterstützer*innen des Kremls eingegangen wird.
Transformation – große Projekte in neuen Phasen
Im vergangenen Jahr sind drei Programme, die über mehrere Jahre liefen in neue Phasen übergegangen. Den Anfang machte das
Digital Human Rights lab
Im März 2022 übergaben wir das Projekt in die Selbstverwaltung durch die ugandischen Menschenrechtsorganisationen unter Leitung unseres Projektpartners Pollicy. Was in den drei Jahren im Detail passiert ist, in denen wir die Plattform für Menschenrechtsaktivismus in Uganda gemeinsam mit Future Challenges und Pollicy aufgebaut haben,, haben wir hier festgehalten.
Das NETTZ geht seine eigenen Wege
Seit 2017 bauen Nadine Brömme und Hanna Gleis Das NETTZ auf. An der Vernetzungsstelle gegen Hate Speech kommt inzwischen keine*r mehr vorbei, der/die sich mit einer konstruktiven, diskriminierungsfreien Diskurskultur beschäftigt. Im Laufe der Jahre wuchs das NETTZ, das in der Anfangsphase noch zwei Projektleiterinnen stemmen konnten, zu einem facettenreichen Projekt an mit einem Team, das mittlerweile beinahe 20 Mitarbeiter*innen beschäftigte. Der Schritt, ein eigenes gemeinnütziges Unternehmen zu werden, war folgerichtig. Seit das NETTZ 2021 als Trägerorganisation des Kompetenznetzwerks gegen Hass im Netz zu agieren begonnen hatte und im Rahmen der BAG »Gegen Hass im Netz« eine Forschungsstelle aufbaute, brauchte das NETTZ-Team eigene Strukturen. Im August wurde der Vertrag zur Abspaltung unterzeichnet. Wir sind uns jedoch weiterhin auch räumlich nah, denn wir zogen kurz nach der "Trennung" gemeinsam in das neue, alte Büro in der Schlesischen Straße. Dazu aber später mehr.
Kollaboration & Wellbeing 2.0
Auch die Programme betterplace co:lab und betterplace well:being gingen in eine neue Phase. 1200 Teilnehmer*innen bei über 100 Workshops, 8 abgeschlossene Themencluster mit 44 beteiligten Organisationen, 2 Podcastreihen, 9 co:lab X Events, 1 Konferenz, 2 Handbücher (co:lab, well:being) – Das ist unsere Bilanz nach zwei Jahren Programmarbeit zu Wellbeing und Kollaboration.
Ein besonderer Moment in den zwei Jahren Programmarbeit war unsere Konferenz unter dem Motto “Woher kommt der Mut?” im September, bei der ein kurzes Video entstanden ist.
Nach der Konferenz haben wir mit einigen Mitgestalter*innen gesprochen und die Interviews in einer Blogpost-Reihe veröffentlicht. Alle Links dazu sind hier aufgelistet.
Thematische Ausrichtung - Wo will das lab hin?
Nach langer Pause durch die Pandemie hatten wir endlich wieder die Gelegenheit, ein sommerliches Retreat in La Haute Carpenier zu machen. Wir nutzten die Woche in Südfrankreich, um die thematischen Felder zu bestimmen, die wir in der nächsten Zeit maßgeblich beackern wollen: Kollaboration, Wellbeing und Resilienz bilden dabei einen Themenkomplex, Desinformation wird der Fokus sein im Bereich Digitale Demokratie und im Bereich ICT4X sind wir mit weiteren Innovationsprogrammen in fünf afrikanischen Ländern dabei und beschäftigen uns über einen längeren Zeitraum mit feministischer Digitalpolitik in der internationalen Zusammenarbeit.
Tapetenwechsel & neue Teammitglieder
Back to the roots! Wir haben uns entschieden, gemeinsam mit unseren Geschwistern in die alten betterplace-Büroräume zu ziehen. Im fünften Stock der Schlesischen Straße 26 arbeiten wir seit Oktober Seite an Seite mit den Kolleg*innen von Das NETTZ und project bcause. Unser betterplace lab Team hat sich im letzten Jahr verändert – Abschied und Willkommen wurde gefeiert. Die aktuelle Besatzung findet ihr auf unserer Team-Seite.
Podcast
Wir haben zur Freude aller Liebhaber*innen von Audio-Inhalten den betterplace lab Haus-Podcast wiederbelebt.
In der ersten vierteiligen Reihe "Mehr Als Die Summe Der Teile" waren Dr. Anja Adler und Franziska Schönberg die Gastgeber*innen. Sie hatten die Sozialpsychologin Friederike Bornträger mit an Bord und luden zu jeder Folge Gäst*innen ein, mit denen sie sich über gelungene Kollaboration unterhielten. Die Reihe war Teil des Programmes betterplace co:lab.
Unter dem Titel "Gut genug, um Gutes zu tun" lief die zweite Podcast-Reihe, die Teil des Programmes betterplace well:being war. Dr. Anja Adler lud ihre Gäst*innen zu Gesprächen rund um Engagement, Nachhaltigkeit, Wellbeing und Gesundheit ein.
Publikationen
In Kollaboration mit Expert*innen erarbeiteten wir eine interaktive Karte zum Themenfeld Desinformation und veröffentlichten diese zusammen mit der Studie “Desinformation und das Ende der Wahrheit?”.
Außerdem beschäftigten wir uns 2022 im Auftrag der Bertelsmann Stiftung mit dem Einsatz von Chatbots in Leichter Sprache in der Verwaltung und veröffentlichten die Studie Digital Female Futures, finanziert von J.P. Morgan, in der wir digitale Kompetenzprogramme, die sich an Frauen* mit geringem Einkommen richten, auf Herausforderungen und Erfolgsfaktoren untersucht haben.
Titelfoto: Kelly Sikkema | Unsplash