In-Beziehung-Sein, hä? Neue Arbeitswelt, hallo!

Keine Armut, kein Hunger, Gesundheit und Wohlergehen, hochwertige Bildung – dies sind die ersten 4 von 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, die 2015 von den Vereinten Nationen formuliert wurden. Vielen von uns nutzen die Sustainable Development Goals (SDGs) mittlerweile als Leitlinie in Arbeit und Privatem. Doch es stellt sich die Frage: Wie schafft es die globale Gesellschaft bis 2030 die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung wirklich zu erreichen? Die globale Gesellschaft setzt sich eben nicht nur aus Menschen zusammen, die an einem Strang ziehen, sondern inkludiert viele unterschiedliche Perspektiven, Werte, Bedürfnisse und Überzeugungen.

Skills für eine zukunftsfähige Gesellschaft

Transformiert sich die Gesellschaft wirklich schnell genug, um die 17 Ziele zu erreichen? Nein, sagen The New Division, 29k und Ekskäret Foundation, die Initiator*innen der Inner Development Goals (IDGs). Mithilfe der Identifizierung innerer Kompetenzen sollen nun Hürden auf dem Weg zur Erreichung der Ziele überwunden werden. Denn, so die Annahme der IDGs, die Gesellschaft ist eine Spiegelung von uns Menschen und damit beginnt die Arbeit erst einmal bei uns selbst. Die IDGs, deren Entwicklung 2019 initiiert wurde, sind also Fähigkeiten, die uns innerlich - und entsprechend auch als Gesellschaft - wachsen lassen. Um eine Liste von Schlüsselkompetenzen zu entwickeln, wurden über 1000 Expert*innen in zwei Surveys befragt. Zu den Expert*innen zählten dabei strategische Führungskräfte in Rollen, die mit den globalen Zielen der Agenda 2030 in Verbindung stehen, Personalverantwortliche und Berater*innen für die Entwicklung von Führungskräften, Akademiker*innen in relevanten Bereichen (Erwachsenenbildung/menschliche Entwicklung und strategisches Management) sowie Beamte und Angestellte in Funktionen, die im Zusammenhang mit den globalen Zielen stehen. Im Anschluss diskutierte eine Gruppe führender Forscher*innen in der Erwachsenenbildung und der strategischen Führung die Ergebnisse. Als zukunftsfähige Kompetenzen konnten fünf übergeordnete Kategorien identifiziert werden: Being, Thinking, Relating, Collaborating und Acting.


Während in unserer Wissensgesellschaft Thinking im Job und privat gleichermaßen stark adressiert wird, merken wir, dass Kategorien wie Being und Relating vor allem ins Private verlagert werden, bei der Arbeit jedoch kaum Raum erhalten. Unter Being fallen die Entwicklung eines inneren Kompasses, Integrität, Authentizität, Offenheit und Lust zu lernen, Selbstreflexionsfähigkeit sowie Präsenz. Die Kategorie Relating beinhaltet Wertschätzung, Verbundenheit, Demut als auch Empathie und Mitgefühl. Die Beziehung zu sich selbst, kognitive Skills sowie die Beziehung zu anderen und zur Welt sind gemäß der IDGs Grundlagen für gelungene Kollaboration und wirksames Handeln.

Ergänzend zu den IDGs ist aus der Conscious Change Studie von Global Grassroots hervorgegangen, dass prosoziales Verhalten am wahrscheinlichsten die positiven Bedingungen für den gesellschaftlichen Wandel schafft. Prosoziales Verhalten wird von einem fünfteiligen Weg der persönlichen Transformation beeinflusst, der Folgendes umfasst:

  1. Selbstreflexion und Selbstkontakt

  2. Selbstregulierung und Selbstmanagement

  3. Verständnis für andere

  4. Verbindung zu anderen

  5. Prosoziale Ausrichtung und Verhalten.

Tania Singer, Neurowissenschaftlerin und Psychologin der Forschungsgruppe Soziale Neurowissenschaften der Max-Planck-Gesellschaft, kann durch ihre Forschungsvorhaben belegen, dass Empathie (die Fähigkeit, sich in andere hineinzufühlen) Kooperation ermöglicht. Wird Empathie erweitert um aktive Fürsorge, entsteht Mitgefühl, das wiederum altruistisches Handeln bewirken kann. Zusammen mit dem Soziologen und Politikwissenschaftler Hartmut Rosa von der Friedrich-Schiller-Universität Jena und dem Max-Weber-Kolleg Erfurt sprach Tania Singer in der Sendung Scobel über die Kraft der Empathie. Die beiden sind sich einig, dass Empathie als sozialer Klebstoff Resonanz ermöglicht, also die Bereitschaft, sich auf das andere einzulassen. Resonanz, so Rosa, ist die Fähigkeit, andere hören zu wollen und darauf zu antworten.

Die Kategorien Being und Relating der IDGs sind somit nicht nur von über 1000 Expert*innen als relevant erachtet worden. Denn auch durch verschiedene Studien zeigt sich, dass eben jene Fähigkeiten uns ermöglichen, Perspektiven, Werte und Bedürfnisse anderer hören zu wollen und darauf zu antworten. Eine Resonanzgesellschaft, das ist die Vision Hartmut Rosas. In einer solchen Gesellschaft sind Menschen in der Lage, durch aktives Zuhören aufeinander einzugehen und gemeinsam demokratisch zu handeln.

Think-Sense-Do im betterplace lab

Im betterplace lab sind wir mit den genannten Dynamiken vertraut. Entsprechend geht es uns in unseren Programmen betterplace well:being und co:lab darum, Kompetenzen für einen starken Selbstkontakt, eine gute Beziehungsgestaltung und auch gelingende Multiperspektivität zu bilden. Wir haben uns auch als Organisation gefragt, wie wir mehr in Beziehung sein (Being + Relating) und dies auch nach außen spiegeln können. Während sich einige Organisationen inzwischen als Think-and-do-Tank bezeichnen, gesellte sich bei uns durch die Auseinandersetzung mit innerer Entwicklung der Begriff “Sense” hinzu. Das ist erst einmal irritierend und ungewohnt. Auch für uns gilt es, den Begriff bzw. das Gefühl miteinander zu entdecken und entsprechend das “In-Beziehung-Sein” mit mir und den anderen wirklich zu leben und als eine Säule der Organisation zu sehen. Wie das funktioniert? Dazu halten wir euch gern auf dem Laufenden!

Quellen:

Weiterführende Literatur:

Auch interessant (aus scobel):

  • Studie von Paul Piv besagt, dass mit steigendem Einkommen und Vermögen Empathie und Einfühlungsvermögen sinken

  • eupionion Studie, Bertelsmannstiftung (2020) -> 13.000 EU Bürger*innen -> Frauen, Arbeitslose und Rentner tragen ein ausgeprägteres Maß an Empathie als junge und privilegierte Menschen

  • Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung: Ärmere Haushalte spenden doppelt so viel ihres Jahreseinkommens wie Deutsche mit höchsten Gehälter.

Der Artikel wurde im Zusammenhang mit den Programmen betterplace well:being und betterplace co:lab verfasst. Beide Programme sind Projekte des betterplace lab.

Das Programm betterplace well:being wird unterstützt durch die BKK∙VBU, pronova BKK und Salus BKK.

Als Förderer für den Anschub der zweiten Runde des Programmes betterplace co:lab sind die Schöpflin Stiftung und die BMW Foundation angetreten.

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Die erste Folge in der Resilienz-Reihe