Impulse für ein neues Bewusstsein

Dieser Erfahrungsbericht wurde geschrieben von Nadine Birner

Meine Reise durch sieben Workshops der betterplace well:being und co:lab-Tracks

Noch während ich in meinem letzten Workshop sitze, überfällt mich der wehmütige Gedanke: Sehr schade, dass ich jetzt schon am Ende der Programmreihe angekommen bin! Genau das sage ich auch in der Feedbackrunde am Schluss: “Das war super - wann gibt’s mehr davon?” Nachdem uns unsere Workshopleiterin Anjet Sekkat verabschiedet hat, klappe ich meinen Laptop zu – Zeit zum Nachspüren und Reflektieren: Was habe ich erlebt und was nehme ich mit? Im Folgenden habe ich meine fünf nachhaltigsten Eindrücke gesammelt, die ich mit euch teilen möchte.

1. Die Zoom-Wand durchbrechen.

Ich bin mit einer großen Portion Neugier, aber auch einiger Skepsis aufgrund des digitalen Rahmens in diese Workshopreihe gestartet. Kritische Fragen tauchten beim Lesen des Angebots sofort auf: Wie soll das denn gehen? Ein interaktives Format, das darauf fußt, mit sich und mit anderen intensiv in Beziehung zu treten – und das Ganze vor und durch den Bildschirm? Während der letzten fünf Monate und sieben Workshops habe ich mich gerne überraschen und vom Gegenteil überzeugen lassen. Vor allem in den Breakout Sessions habe ich immer wieder die Erfahrung eines authentischen, tiefen, verbundenen Miteinanders gemacht. Kleiner Wermutstropfen: In meiner Fantasie wäre dieser Effekt bei einer analogen Veranstaltung noch um einiges verstärkt gewesen und ich habe mitunter auch persönliche Treffen vermisst. Aber: Es war spannend und bereichernd in den digitalen Erfahrungsaustausch einzutauchen und so auch die Chance zu genießen, mit Menschen an verschiedensten Orten in Europa in Kontakt zu kommen.

2. Sein.

Unser Erfolg, die digitale Barriere zu überwinden, hing mit Sicherheit auch mit der beeindruckenden Offenheit aller Teilnehmenden zusammen. Unsere hohe Bereitschaft, uns während der Zwiegespräche in den Breakout Sessions und auch im Plenum mit allem zu zeigen, was gerade da oder dominant ist.

Unsere Motivation, auch sehr private oder gar intime Erfahrungen mit Unbekannten zu teilen, schuf ein intensives Miteinander und somit die Basis für eine tiefgehende Exploration der verschiedenen Themenblöcke, die von Selbstkontakt und Embodiment bis hin zu Neugier, Multiperspektivität und Meditation reichten.

Das Spannende daran war, dass es keiner langen Einführung der Teilnehmenden in einen sicheren Rahmen bedurfte, ganz im Gegenteil: Die Workshopleiterinnen Anjet und Bettina schufen von Stunde eins an einen offenen, mutigen Raum, in dem wir dazu eingeladen waren, uns mit unseren Ideen, Fragen, Geschichten und Beiträgen einzubringen. Darüber hinaus unterstützten sie den Prozess, indem sie sich selbst offen zeigten. Diese hohe Kohärenz von Außen und Innen zog sich wie ein roter Faden durch alle Workshops und meine Beobachtung war, dass sie das leben und verkörpern, was sie vermitteln. Das gab mir die Möglichkeit, nicht nur von und aus den Inhalten zu lernen, sondern auch viele Impulse aus der Gestaltung und Haltung von Anjet und Bettina mitzunehmen, was sich für mich sehr nachhaltig verfestigt hat.

3. Am ganzen Körper Augen haben.

Nach den Workshops stehe ich nicht am Ende, sondern am Anfang meines Einstiegs in ein neues Bewusstsein, das einen gesteigerten Selbstkontakt zur Grundlage hat. Es sind die kleinen, alltäglichen Dinge, die stärker in meinen Fokus rücken und an denen ich mich ausprobiere. Ich schaue mir öfters den Raum an, in dem ich mich befinde, sowohl in beruflichen Meetings, als auch bei privaten Treffen und frage mich aktiv: Wie fühlt er sich an? Wie gestalten wir ihn? Bei Entscheidungsfragen rufe ich mir Bettinas Aussage ins Gedächtnis:“Ja/nein sagen ist keine Kompetenz, sondern die Konsequenz aus einer klaren Verbundenheit mit meinem Willen.” Ich scanne dann mein körperliches Befinden: Plagen mich Nackenverspannungen oder strahle ich aus dem Bauch heraus? Im Gespräch mit anderen spiele ich Ping Pong mit meiner Aufmerksamkeit:

Verankere ich meine Konzentration fest bei mir oder tauche ich in die Bedürfnisse meines Gegenübers ein oder befinde ich mich sogar in einer Bewertungsschleife à la “Was denken sie wohl über mich? Können sie mich danach auch noch leiden?”.

In herausfordernden Situationen mit Konfliktpotential halte ich öfters mal einen Moment inne: Bin ich in der Lage einen Schritt zurückzutreten, aus mir herauszutreten, und aus der Distanz heraus das Geschehen inklusive mir zu beobachten? Was macht das mit mir? Dies sind nur einige wenige Beispiele für die Veränderungen in meiner Wahrnehmung, Haltung und Praxis, die meine Teilnahme an den beiden Tracks angestoßen hat.

4. Die Katze in mir entdecken.

Viele zwischenmenschliche Begegnungen starten mit “Und? Was machst du so?”. Diese Standardfrage bei der Kontaktaufnahme zielt in den meisten Fällen auf die berufliche Situation des Gegenübers ab und spiegelt unsere gesellschaftliche Realität, in der wir uns hauptsächlich über unser Schaffen und unsere Leistung definieren. In dem Workshop “Sein oder Wirken” hat Anjet das Bild von Human Being vs. Human Doing gezeichnet, das bei mir sofort verfangen und mich arg ins Nachdenken gebracht hat. Zugegebenermaßen laufe ich oft im Hamsterrad Marathon und es fällt mir schwer, die Fünf gerade sein zu lassen. Der Impuls, hinzuschauen und auf Entdeckungsreise zu gehen, was sich an Beweggründen hinter dem Drang zu machen und noch mehr zu machen verbirgt, ist natürlich alles andere als einfach. Aber – und das ist das Entscheidende – je mehr ich über mich selbst in Erfahrung bringe, je mehr ich mich an mir satt esse, desto mehr kann ich auch loslassen und schaffe mir gleichzeitig mehr Entscheidungsfreiheit. Das jedenfalls war eins meiner Erkenntnisshighlights aus dem Workshop. Jetzt bin ich aufmerksamer und wenn der Druck steigt und das Hamsterrad sich immer schneller dreht und ich überall nur noch Baustellen und Leistung sehe, dann schalte ich einen Gang zurück und beobachte meine Katze. Sie ist einfach nur und muss nichts tun, um sich und der Welt ihre Existenzberechtigung zu beweisen. Dabei wirkt sie sehr gelassen und entspannt und ihre Ausstrahlung hat einen magischen Reiz auf mich. Wer sich jetzt fragt: Von was spricht sie denn? – die/der besuche bitte die Workshops!

5. Embodied Wellbeing.

Dank der beiden Tracks habe ich eine Vorstellung und einen Geschmack davon bekommen, was die Aussage der Trainerin Rivka Halberstadt “wellbeing is an ability to be more free” bedeuten kann: Wellbeing als die Fähigkeit und Praxis, in der ich mich als ganzer Mensch von Kopf bis Fuß mehr wahrnehme, einen heißen Draht zu mir selbst habe und (Wahl-)freiheit besitze. Mich treibt die Neugier und zieht mich zu weiteren Erfahrungen und ich möchte allen Beteiligten an beiden Tracks meinen großen Dank aussprechen: Danke, dass ihr Zoom-Räume, Tür und Tor für diese Reise auf dem Weg zu mehr innerer und äußerer Freiheit eröffnet habt!

Neugierig geworden? In fünf aufeinander aufbauenden Einsteiger*innen-Workshops vermittelt das betterplace well:being-Programm Werkzeuge für einen besseren Selbstkontakt. Teilnehmende trainieren Fähigkeiten wie Selbstreflexion, transparente, gewaltfreie Kommunikation und Empathie. Mehr Infos findet ihr unter diesem Link.

Im betterplace co:lab-Programm lernen Teilnehmende, was es heißt zu kollaborieren. Dazu gehört es, Grenzen wahrzunehmen und zu kommunizieren, die eigene Rolle in der Zusammenarbeit mit anderen zu reflektieren und zu lernen, neben der eigenen auch weitere Perspektiven einzunehmen. Klicke hier für weitere Infos.

Unser Podcast

Die erste Folge in der Resilienz-Reihe