Endlich ist es soweit: betterplace well:being und betterplace co:lab starten

Endlich ist es soweit! Seit fünf Jahren wünsche ich mir einen Raum, in dem Menschen, die sich fürs Gemeinwohl einsetzen, sich selbst stärken und regenerieren können. Einen Raum, in dem sie ihre eigenen Tätigkeiten reflektieren und neue innere und äußere Kompetenzen entwickeln, die sie glücklicher und ihre Arbeit wirkungsvoller machen.

Und genau das gibt es jetzt: Diese Woche startet die Programme betterplace well:beingund betterplace co:lab. Sie richten sich an alle Aktivist*innen und ehrenamtlich Engagierte, an die Leiter*innen und Mitarbeiter*innen von Vereinen, NGOs und Sozialunternehmen und folgen dem Ansatz: Nur wenn es Dir selbst gut geht, kannst Du Dich wirksam in den so dringend notwendigen gesellschaftlichen Transformationsprozess einbringen. Und nur, wenn Du selbst stabil bist, kannst Du mit anderen Organisationen strategische Allianzen eingehen und so Deinen Einfluss maßgeblich vergrößern.

In Wie geht es Dir? Gut genug, um Gutes zu tun? habe ich beschrieben, wieso es einer radikalen Kulturveränderung im sozialen Sektor bedarf. Denn gerade die Menschen, die anderen helfen und sich für eine gesündere, nachhaltige und solidarische Zukunft einsetzen, gehen oft auf dem Zahnfleisch. Sie leiden überdurchschnittlich an Burnout, Depressionen und Altersarmut.

Um diesen alarmierenden Trend umzukehren, brauchen wir eine neue Kultur im sozialen Sektor: eine Kultur, die Aktivist*innen und Engagierte in ihrer Persönlichkeitsentwicklung begleitet und sie dabei unterstützt wirksame Allianzen mit Gleichgesinnten zu schließen, um ihre Schlagkraft zu erhöhen.

In den letzten Jahren habe ich selbst erlebt, dass Transformation eine äußere und eine innere Dimension hat. Aber während wir der äußeren Seite viel Aufmerksamkeit schenken, fehlen uns für die innere Veränderung sowohl ein differenziertes Verständnis, als auch das Handwerkszeug und die nötigen Ressourcen. In New Work needs Inner Work beschreiben Bettina Rollow und ich, wie Digitalisierung, Globalisierung (und heute Corona) unsere Welt immer komplexer, fluider und unsicherer machen. Um aber gestaltend tätig zu sein, brauchen wir genügend Sicherheit und Orientierung. Wenn diese im Außen stark reduziert werden, müssen wir sie in unserem Inneren entwickeln. Deshalb sind neue innere Kompetenzen wie Selbstkontakt und Authentizität, Empathie und transparente Kommunikation, Multiperspektivität und Metareflektion essentieller Bestandteil des „digital Mindsets“. (Zur Rolle von Wellbeing im sozialen Sektor habe ich jüngst auch einen Artikel für das Stanford Social Innovation Review geschrieben).

Meine erste Inspiration, sozialen Wandel und innere Transformation miteinander zu verbinden, stammte von dem internationalen Wellbeing Project. Hier lernte ich Sozialunternehmer*innen kennen, die einen persönlichen Wachstumsprozess durchlaufen hatten, der sie selbst und ihre Organisationen fundamental zum Positiven veränderte. Im betterplace lab durchliefen wir zur gleichen Zeit einen ähnlichen Prozess, in dessen Zentrum der Aufbau von inneren Kompetenzen stand.

Als betterplace 2019 von Google die Nutzung des 2500 m2 großen Umspannwerks am Kreuzberger Paul-Lincke Ufer für fünf Jahre geschenkt bekam, führten meine Kolleg*innen und ich mehrere Monate lang in einem Baucontainer auf der Baustelle des späteren bUm, viele Gespräche mit Vereinen, NGOs und Aktivist*innen. Immer wieder kam die ungesunde, selbst ausbeuterische Kultur unseres Sektors zur Sprache und verfestigte unsere Vision, das bUm als einen regenerativen Ort für sozial Engagierte aufzubauen. Meine Kollegin Carolin Silbernagl ergänzte meine Pläne für ein Wellbeing-Programm mit einem weiteren Schwerpunkt auf Kollaboration. Sie sah die Notwendigkeit, die vielen kleinen Organisationen dabei zu unterstützen erfolgreich zusammenzuarbeiten, damit sie wirksamer und schlagkräftiger werden. Denn obwohl viele Organisationen eine Zusammenarbeit untereinander in der Theorie anstreben, gelingt diese in den seltensten Fällen. Co-Kreation und Kollaboration brauchen extra Ressourcen und neue Kompetenzen.

Kollaboration mit ungewöhnlichen, spannenden Partnern

Im betterplace lab skizzierten wir daraufhin ein umfassendes Programm und machten uns auf die Suche nach Geldgebern. Das war gar nicht so einfach, denn viele Förderer sahen zwar den Bedarf, waren dann aber doch nicht bereit sich auf dieses neue Thema wirklich einzulassen. Nach vielen Planungsrunden, Präsentationen und der großzügigen Unterstützung durch Sebastian Baier vom Co-Creation Loft (via Tomas Björkman), hatten wir Anfang 2020 dann eine ungewöhnliche, aber in ihrer Vielfalt höchst spannende Koalition von Förderern gefunden: Das Programm betterplace well:being wird von drei Betriebskrankenkassen, der BKK VBU, Salus BKK und pronova BKK pronova, unterstützt, die ihr eigenes Erkenntnisinteresse mitbringen: Wie sieht die Gesundheitsvorsorge der Zukunft aus, wenn viele Menschen nicht mehr als Festangestellte in Betrieben, sondern als Solo-Entrepreneurs in Co-Working Büros arbeiten? Wie verändert Digitalisierung unsere gesundheitlichen Bedürfnisse und Interessen? Für das Kollaborations-Programm wiederum konnten wir die Schöpflin Stiftung sowie Luminate gewinnen. Beide Förderer brennen dafür, die Gelingensbedingungen von Kollaboration im sozialen Sektor zu erforschen und zu verbessern.

In den letzten Monaten, in denen das Programm geschliffen wurde, hat sich diese Partnerwahl als echter Glücksgriff herausgestellt. Denn unsere Partner verfolgen das gleiche Erkenntnis- und Umsetzungsinteresse wie wir und dementsprechend kollegial und konstruktiv ist die Zusammenarbeit.

Was nun erwartet euch, als potentielle Teilnehmer*innen des Programms?

Zwei Programme unter einem Dach

betterplace well:being

Unter dem Begriff Wellbeing verstehen wir die Fähigkeit, mit den inneren Spannungen gesteigerter Komplexität und Unsicherheit achtsam und bewusst umzugehen. Dazu gehört, dass wir eine neue Balance zwischen unseren Grundbedürfnissen von Sicherheit und Freiheit entwickeln.

Der Begriff Wellbeing ist in Deutschland wenig verbreitet. Deshalb haben wir auch lange nach einem eingängigeren deutschen Begriff gesucht. Aber mit den voranschreitenden Monaten poppte Wellbeing im internationalen Diskurs immer mehr auf und etabliert sich als Dachbegriff einer ganzen Reihe von Entwicklungen, die die Steigerung von Lebensqualität verfolgen. Darunter fallen z.B. die Wellbeing-Budgets der neuseeländischen oder kanadischen Regierungen, aber auch das Konzept des „Digital Wellbeing“ (gesunder Umgang mit Technologien).

Im Rahmen des Programms betterplace well:being erwarten euch fünf verschiedene kostenlose Einsteiger*innen Workshops zur inneren Stärkung. Die Workshops bauen aufeinander auf und werden in den nächsten zwei Jahren rollierend wiederholt. Corona-bedingt finden die ersten Workshops digital statt. Sobald möglich werden wir aber auch Präsenzveranstaltungen im bUm anbieten.

betterplace co:lab

Unsere Gesellschaften stehen vor umfassenden Herausforderungen. Für Fragen der ökonomischen und politischen Teilhabe, des Umgangs mit natürlichen Ressourcen oder rasanter technologischer Entwicklung gibt es keine einfachen Lösungen. Sie verlangen eine kontinuierliche gesellschaftliche Aushandlung, die systemische Zusammenhänge wahrnimmt und akzeptiert, dass es vielfältige Entwicklungsszenarien gibt.

Diese Aushandlung kann gelingen, wenn Organisationen und Interessenvertreter*innen aus allen Sektoren lernen, sich auf ihre verschiedenen Perspektiven einzulassen. Gute Zusammenarbeit braucht daher Zeit, ein Sich-Einlassen auf die anderen, ein Geben-und-Nehmen, Mut zum Risiko. Wir nennen das Kollaboration.

Kollaboration meint nämlich nicht die transaktionale Aushandlung, die wir bisher aus der Zusammenarbeit mit anderen kennen. Kollaboration meint die ko-kreative Entwicklung: In einem schöpferischen Prozess entsteht eine Lösungsperspektive, die mehr ist als die Summe ihrer Teile.

Im Rahmen des betterplace co:lab erwarten euch im Laufe der nächsten zwei Jahre insgesamt 66 kostenlose Einsteiger*innen-Workshops, an denen mehr als 500 Menschen teilnehmen können. Zusätzlich begleiten wir acht organisationsübergreifende Gruppen (sogenannte Themencluster), die wiederum aus bedarfsgerechten Prozesscoachings und Arbeitssessions bestehen.

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Alle Angebote sind kostenlos und offen für Teilnehmer*innen, die sich hauptberuflich oder ehrenamtlich für den sozial-ökologischen Umbau unserer Welt engagieren.

Details zu den Workshops und dem Team aus Coaches, Therapeut*innen und Organisationsentwickler*innen findet ihr auf den jeweiligen Websites:

Link zu betterplace well:being

Link zu betterplace co:lab

P.S.: Noch ein Hinweis in eigener Sache: mit dem Programm betreten wir in vielerlei Hinsicht Neuland. Umso mehr sind wir bemüht unsere Erfahrungen und Erkenntnisse - z.B. in Form von Podcasts und Blogposts - breit zu teilen.

Wir würden uns aber auch sehr über eine wissenschaftliche Begleitforschung freuen.

Foto: Simon Kiepe & Joe | Unsplash

Unser Podcast

Die erste Folge in der Resilienz-Reihe