Onboarding im Homeoffice

Antonia Zuleger hat ihr Praktikum im betterplace lab fast gänzlich im Homeoffice gemacht. Wie das war, hat Barbara Djassi sie kurz vorm Abschied noch schnell gefragt.

Antonia, als du dich beim betterplace lab für ein Praktikum beworben hast, haben wir COVID-19 noch nicht so richtig ernst genommen. Die Pandemie hat einiges verändert. Wie ist dein Praktikum gelaufen?

Am Anfang habe ich gedacht: Das wird ein Abenteuer, hoffentlich klappt das, so ganz online. Tatsächlich habe ich mir zu Beginn in den Kopf gesetzt, es einfach mal zu probieren und zu schauen, wie es wird. Aber es zeichnete sich schnell ab, dass das Kennenlernen und Zusammenarbeiten überraschend gut funktioniert.

Vom ersten Tag an hatte ich eine „Patin“ aus dem Team, die mich in die Abläufe einführte und an die ich mich mit Fragen wenden konnte. Besonders in einem Remote-Setup hat mir das sehr geholfen mich, trotz der Ferne, zu orientieren und mich einzuleben. In den ersten Wochen haben wir sehr regelmäßig miteinander gesprochen. Das Schöne daran war, dass die Gespräche immer mit einem ehrlichen “Wie geht es dir, was bewegt dich?” anfingen. So haben wir schnell auch eine persönliche Ebene gefunden, ohne das Professionelle aus den Augen zu verlieren.

Dadurch, dass ich von zu Hause aus auf alle Dateien und Kommunikationsmittel Zugriff hatte, konnte ich direkt in die Arbeit starten und in den verschiedenen Projekten mit anpacken.

Viele Eindrücke gewinnen, neue Arbeitsweisen kennenlernen, den Teamgeist erspüren – das sollte eine Praktikantin bei uns erleben. Geht das auch online?

Das Vorurteil, dass digital keine Nähe aufgebaut werden kann, kann man getrost zur Seite legen. Wichtig ist aber das Wie, denn sich remote “einzuleben” ist kein Selbstläufer. Da zufällige Begegnungen im digitalen Raum nicht stattfinden – anders als im Büro am Kaffeeautomaten, im Aufzug oder am Fahrradständer – muss man diese Momente bewusst initiieren. Zum Feierabend gibt es vielleicht nichts mehr zu besprechen, aber es ist, vor allem in den ersten Wochen, trotzdem schön sich zu verabschieden und das Gefühl zu haben, dass die eigene An- oder Abwesenheit gesehen wird. In den ersten Wochen meines Praktikums habe ich mit meiner Patin deswegen regelmäßig abendliche Check-outs gemacht. Wir haben uns erzählt, was wir geschafft haben und wie es uns geht. Da können schon fünf Minuten reichen, um sich abgeholt zu fühlen.

Bereits am zweiten Tag habe ich via Zoom das ganze Team kennengelernt: Jede*r hat sich kurz vorgestellt, einschließlich mir. So hatte ich schnell einen Überblick und ein erstes Gefühl für das Team. Mit dem Kommunikationstool Slack stand es mir jeder Zeit offen, alle Teammitglieder anzuschreiben und Fragen zu stellen. Es ist wichtig das auch zu tun, denn das Ankommen im Team ist keine Einbahnstraße. Ich würde sagen, dass es etwas Offenheit und für manche vielleicht auch Mut braucht, um direkt auf fremde Menschen zuzugehen. Je schneller man sich jedoch digital einklinkt, umso schneller wird man sich wohlfühlen – wie überall.

Durch Corona konnte ich den Großteil des Teams erst zwei bis zweieinhalb Monate nach Antritt meines Praktikums persönlich kennenlernen. Eine Kollegin sogar erst in der letzten Woche. Trotz der guten Betreuung in den ersten zwei Monaten, war es trotzdem auch eine Erleichterung meine Kolleg*innen in Persona zu treffen. Persönliche Begegnung haben doch ihren ganz eigenen Wert.

Prinzipiell würde ich aber sagen, dass ein Remote-Praktikum funktionieren kann, wenn man es richtig anstellt. Das heißt, wenn die Kommunikation stimmt, von zu Hause auf Daten zugegriffen werden kann und auch ein gewisser persönlicher Austausch stattfindet.

Gibt es etwas, was man von dem “Konzept Remote-Praktikum” erhalten sollte?

Ich habe erfahren, dass Remote-Praktika funktionieren können. Jedoch kann das Digitale das echte Leben und analoge Treffen nicht ersetzen. Ich glaube, dass ein Mix aus beidem ideal wäre, weil man die Vorteile beider Interaktionsformen für sich nutzen kann.

Im Digitalen sind das etwa die Flexibilität in Bezug auf Zeit und Ort, der physische und psychische Komfort des eigenen Zuhause. Es wird damit möglich, in jeder beliebigen Stadt ein Praktikum zu absolvieren, was eine echte Chance ist. Auch kann Kinderbetreuung und Arbeit flexibler verteilt und unter einen Hut gebracht werden.

So ein digitales Praktikum kann mit punktuellen persönlichen Treffen abgerundet werden, bei denen man die Möglichkeit hat, sich als ganzen Menschen wahrzunehmen – mit Augenkontakt und non-verbaler Kommunikation .

Ideal wäre es also, wenn das Büro offen für alle ist, man aber selbst entscheiden kann, wann man von wo arbeiten möchte. Das finde ich die perfekte Kombination – auch für ein Praktikum.

An welchen Stellen hast du die Arbeit als besonders herausfordernd empfunden?

Aus meinem Studium bin ich es gewohnt von zu Hause aus zu arbeiten, oder in die Bibliothek zu gehen, je nachdem, wonach mir ist. Komplett aus dem Home-Office zu arbeiten, ganz ohne Abwechslung, war also eine neue Erfahrung für mich. Ich habe gemerkt, dass es bestimmter Vorkehrungen bedarf, damit man sich eine gute Arbeitsatmosphäre schaffen kann. Nach zwei Monaten war ich trotzdem froh, als ich hie und da ins Büro, oder auch in ein Café ausweichen konnte. Das hat sich sehr positiv auf meine Stimmung und meine Konzentration ausgewirkt.

Die Herausforderungen, die die eigentliche Arbeit betreffen, sind vergleichbar mit denen, die inn einem analogen Praktikum auch auftauchen können, z.B. wenn die Kommunikation nicht flüssig läuft. Wenn es also mal stressig wird und die zeitlichen Kapazitäten eine Weile nicht reichen, um sich gegenseitig zu begegnen, kann es zu schlechten Absprachen o.ä. kommen.

Unser Learning daraus ist, dass die Praktikantin nicht nur mit der Patin, sondern auch mit den anderen Kolleg*innen, mit denen sie eng zusammenarbeitet, in regelmäßiger persönlicher Absprachen stehen sollte. Das kann man individuell gestalten vom wöchentlichen Video-Call zum gemeinsamen Mittagessen oder Spazier-Anruf.

Hast du vor deinem Praktikum schon von New Work gehört und wieviel hast du davon mitbekommen, wie wir als Team funktionieren?

Ich hatte davon gehört, habe im Praktikum aber ein viel tieferes Verständnis davon bekommen, was New Work ist und vor allem, wie man es leben kann. Neben einer theoretischen Einführung, die neue Teammitglieder erhalten, konnte ich die Ideen und Ideale, die mit New Work einhergehen, auch direkt in der Praxis erleben.

Dazu zählt, dass es keine*n Chef*in gibt, sondern dass stattdessen Hierarchien kompetenzbasiert begriffen werden. Daneben gibt es Momente wie das Teammeeting, in denen die eigenen Ansprüche reflektiert werden, sowie Strategie-Treffen, wo an der Weiterentwicklung der Organisation gearbeitet wird.

Da ich bei diesen Meetings immer dabei sein durfte, konnte ich einiges mitnehmen. Gerade durch Corona musste das Team auf agiles Arbeiten setzen. Das heißt nicht nur, dass man im Homeoffice ist und sich digital trifft, sondern auch, dass es maßgeschneiderter Strategien und Lösungen für neue Herausforderungen bedarf. Mit dem Mindset „Alles ist möglich“ werden gemeinsam Fragen wie „Was genau wollen und brauchen wir jetzt?“ reflektiert, bearbeitet und beantwortet. Die Ergebnisse aus diesen Design-Thinking-Prozessen können schnell umgesetzt werden, weil alle Kompetenzträger*innen eigenständig Entscheidungen treffen können und somit neue Ideen schnell umgesetzt werden können.

Es ist aber auch sehr klar geworden, dass diese Art der Zusammenarbeit kein Selbstläufer ist, im Gegenteil. Man muss regelmäßig Zeit und Muße in diese Prozesse investieren, um auf sich selbst, das eigene Team und auch darauf, was in der Welt gerade gebraucht wird zu reagieren, ohne dabei in starren Strukturen gefangen zu sein.

Vielen Dank für deine Eindrücke. Wie geht es bei dir weiter?

Ich stehe kurz vor meinem Bachelor-Abschluss in Politikwissenschaft, an den sich ein Master anschließen wird. Neben meinem Studium möchte ich gerne weiter an Projekten und in Organisationen mitarbeiten, die sozial-digitale Lösungen erforschen und umsetzen. Die Digitalisierung wird in der Zukunft immer wichtiger und präsenter sein. Wie man sie für das Allgemeinwohl nutzen kann, ist noch lange nicht vollends erforscht. Ich glaube, dass die jetzigen Generationen den Grundstein dafür legen. Und davon möchte ich Teil sein.

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The first episode of the series "Wir kriegen die Krise." (only in German)