Ein Potpourri an Fragen und erste Antworten

Liebe Leser*in,

diese Krise hält uns alle seit einigen Monaten auf Trab. Wer anfangs überfordert war, hat inzwischen schon die ersten neuen Routinen im Arbeiten von zu Hause etabliert. Langsam traut sich die ein oder andere auch wieder ins Büro, doch eines ist klar: Viele Prozesse und Begegnungen laufen nun digital ab. Und vielleicht sollten wir uns darauf einstellen, dass das für eine nicht absehbare Zeit noch so bleibt.

Seit einigen Wochen bieten wir bei jetzt-digital-handeln.org Beratungsstunden an, in denen wir mit Euch die kleinen und großen Herausforderungen besprechen:

Wie kann ich eine Veranstaltung digital umsetzen? Wie kann ich dafür sorgen, dass Leute sich trotz vollen Terminkalenders einwählen? Aber auch: Wie kann ich in meinem Team digital zusammenarbeiten?

All diese Fragen haben eine gemein: “Wie gestalte ich ein gelungenes Miteinander?” Dass “jetzt eben digital” steht an zweiter Stelle. Denn ob digitales Meeting, Seminar oder gar Konferenz-Setting – die Beantwortung dieser übergeordneten Frage hat in etwa so viel mit Tools zu tun, wie das leckere Buffet über eine inhaltlich gelungene Veranstaltung entscheidet.

Checkliste für ein gelungenes Miteinander

Wir möchten Euch hier eine kleine Check-Liste an die Hand geben, mit der ihr euer Vorhaben strategisch wie operativ durchdenken könnt.

1. Für wen ist die (digitale) Veranstaltung gedacht?

    Zunächst zurück zu der wichtigen Frage, in der das “digital” nur in Klammern steht, weil es für’s Analoge gleichermaßen gilt: “Was macht eine gelungene (digitale) Veranstaltung aus?” Ihr könnt ja mal probieren, diese Frage im Team zu brainstormen, mit großer Sicherheit werdet ihr mit mehr als einer Antwort herauskommen. Entscheidend ist allerdings, wie Eure designierte Veranstaltungsteilnehmer*in diese Frage beantworten würde. Hier hilft der Schritt zurück: Denkt an Eure Zielgruppe!

    Eine Hilfestellung können folgende “Veranstaltungs-Personas” sein. Unserer Erfahrung nach nehmen Menschen aus unterschiedlichen Motivationen an Veranstaltungen teil (sicher nicht überschneidungsfrei oder erschöpfend), nämlich weil sie:

    Input wollen. Sie sind interessiert an einem Thema und wollen auf Eurer (digitalen) Veranstaltung Wissen aufbauen, Impulse erhalten oder gar inspiriert werden. Ein rezeptives Format wie eine live-gestreamte Panel-Diskussion ist da genau das Richtige!

    Inhaltlichen Austausch suchen: Sie selbst bringen Wissen und Erfahrungen zu einem Themenfeld mit, und das möchten sie gerne in Anwendung bringen. Interaktive Formate wie ein World Café oder auch eine moderierte Breakout-Session sind für sie spannend, weil sie sowohl Wissen weitergeben, als auch etwas von anderen lernen können.

    Netzwerken wollen: Sehen und gesehen werden, nur mit Wirkungsanspruch! Vernetzung ist für wirkungsvolle Arbeit essentiell. Wer in entspannter Atmosphäre erfahren will, wer gerade im digitalen Raum ist, freut sich über eine aufgelockerte Vorstellungsrunde. In der Social Kitchen darf sich auch mal eine unmoderierte Unterhaltung entwickeln. Und beim digitalen Embodiment geht eine*r wahrhaftig das Herz auf und man fühlt sich trotz Distanz plötzlich sehr verbunden!

    2. Welche Formate eignen sich für eine (digitale) Veranstaltung?

    Einige bekannte Formate lassen sich ohne Probleme digital umsetzen, andere brauchen etwas mehr Hirnschmalz und Anpassung, damit sie auch digital funktionieren. Wir haben einige davon in Kartenform für euch zusammengestellt.

    Unser Tipp: Liberating Structures ist eine tolle Sammlung von Formaten, aus denen sich mit etwas Kreativität und Tester-Geist einige ins Digitale übersetzen lassen!


    3. Wann findet die (digitale) Veranstaltung statt und wie lange dauert sie?

    Weil die Terminkalender dieser Tage besonders voll sind und wir diese sowieso zumeist viel zu viel mit Screentime verbringen: Überlegt Euch, für welche Dauer Ihr Eure Veranstaltung planen wollt (lieber 2 Tage á 4 Stunden anstelle eines ganzen Tages). Wohlüberlegt sei auch, ob Ihr Eure Zielgruppe in der regulären Arbeitszeit erreichen wollt, oder zum Feierabend. Der Vorteil bei Online-Formaten: Der Anfahrtsweg entfällt, und die effiziente Veranstaltungsbesucher*in möge sich gut vorstellen können, nur einen Teil digital vorbeizuschauen. Baut Ihr Euer Programm entsprechend modular auf und kommuniziert dies transparent, steigt die Chance, dass mehr Menschen dies tun!

    4. Smarte Guides oder kreatives Chaos?

    Gut geplant ist noch längst nicht gut gemacht, daher hier noch ein paar Tipps zur Moderation einer digitalen Veranstaltung:

    Plant stets zwei Moderator*innen ein: eine Person, die die inhaltliche Moderation übernimmt und eine Person, die sich um die Technik kümmert (z.B. um Menschen in Kleingruppen zu schicken, den Chat zu betreuen…)

    Die zwei Moderator*innen sollten sich für einen parallelen Kommunikationskanal entscheiden, über den sie während der Veranstaltung kommunizieren können.

    Eröffnet einen zweiten Kommunikationskanal auch für die Teilnehmer*innen, in dem Ihr Teilnehmer*innen die Möglichkeit gebt, ad hoc (z.B. bei technischen Problemen) abseits des digitalen Formats mit Euch in Verbindung zu treten (via Email, Telefon etc.). Dieser wird optimalerweise von einer weiteren Person betreut, ggf. kann die designierte Technik-Moderation dies auch parallel übernehmen.

    Klärt zu Beginn Eurer Veranstaltung, auf welche Kommunikationsregeln Ihr Euch einigen wollt: Wann wird im Chat kommuniziert? Gibt es Handzeichen, die Zustimmung/Kritik/Fragen signalisieren? Sollen die Videos präferiert angeschaltet sein, aber die Mikrofone stumm?


    Im Deckmantel der Herausforderung, ein gelungenes digitales Event zu veranstalten, scheint man schnell geneigt, auch die Frage nach der digitalen Teamarbeit im Nebensatz zu stellen. Hier ist wichtiger denn je, das wie nicht von der Technik abhängig zu machen und sich folgende übergeordnete Fragen zunächst selbst zu stellen: “Wo liegen in der Arbeit aktuell die größten Herausforderungen?”, “Wie kann ich unter widrigen Umständen meine Arbeit überhaupt organisieren?” und “Wie geht’s mir überhaupt?”.

    Die gute digitale Zusammenarbeit im Team/in der Organisation ist kein Selbstläufer. Wir legen Euch nahe, auch dabei auf (eventuell schon im Analogen wohlbekannte) Formate zurückzugreifen: die digitale Kaffeepause sorgt für den informellen Austausch ohne Agenda (funktioniert wie die Social Kitchen), konstruktiver Austausch zu zweit in Form eines Feedbacks oder auch die Rückschau auf vergangene Arbeit im Team mit der Retrospektive sind digital möglich.

    Doch eines können wir nicht oft genug sagen: Womit wir gerade umzugehen versuchen, ist nicht einfach die Frage nach digitaler (Heim-)Arbeit, sondern das zwingende Arrangement in einer Krise, die die Welt so noch nicht gesehen hat. Was da hilft? Innehalten, Schweigen Nachdenken, Pause machen.

    Our Podcast

    The first episode of the series "Wir kriegen die Krise." (only in German)