In einer Gesellschaft, die von Fragmentierung geprägt ist und in der Zusammenhalt manchmal nur noch schwer vorstellbar ist, braucht es Räume, in denen wir aktiv in Verbindung mit uns selbst, den Menschen um uns herum und unserer Umwelt gehen.
Verbindung zuzulassen und aktiv mit zu gestalten, war die Intention der co:lab X Veranstaltung am 14. Februar. Christa Cocciole und Kerstin Walter luden unter dem Titel “Embodied Social Transformation” dazu ein, Pfeiler der gesellschaftlichen Transformation zu erfahren – und zwar nicht auf mentaler, sondern vor allem auf körperlicher und emotionaler Ebene. Es waren 25 Teilnehmende gekommen, einige davon schon begeisterte Fans von Christa Coccioles Arbeit.
Christa Cocciole in Aktion
Als Menschen sind wir immer Teil von etwas, Teil eines Systems, das auf gewachsenen und miteinander ausgehandelten Werten und Normen basiert. Wir sind Teil einer Gesellschaft, die durch ihre entsprechenden Umstände sozialisiert und häufig auch traumatisiert ist. Wir sind Teil eines uns umgebenden sozialen Gefüges; in der Familie, im Freundeskreis und auch im Job. Das Gefühl, Teil von etwas zu sein, kann uns dazu bewegen, gemeinsam Größeres anzustreben, aus der Fülle zu schöpfen, die die Gemeinschaft bietet und etwas zu kreieren, das mehr ist als die Summe der Teile.
Im co:lab Programm schauen wir uns Gelingensbedingungen für transformationale Kollaboration an. Eine davon ist eine starke (emotionale) Verbindung von Individuen, insbesondere als Teil ihrer Organisationen. In der erfolgreichen Kollaboration ist es den Einzelnen möglich, ihre inneren Welten wahrzunehmen und sich für die inneren Welten anderer Personen zu öffnen, einander wirklich wahrzunehmen und ein tiefes Verständnis füreinander aufzubauen.
An diesem Punkt wird Embodiment interessant, denn mit der inneren Welt sind nicht unsere Gedanken gemeint. Wenn wir unsere Gedanken still werden lassen, indem wir uns z.B. eine Weile auf unseren Atem konzentrieren und im nächsten Schritt unseren Körper bewusst wahrnehmen, beginnen wir, uns ganzheitlich zu spüren. Sei es durch die bewusste Wahrnehmung unseres Herzraumes oder die Wahrnehmung einzelner Körperteile durch einen Bodyscan: Wir geben unserem Körperempfinden und gegenwärtig empfundenen sowie im Körper gespeicherten Emotionen Raum.
Zu Anfang der Veranstaltung öffneten wir diese Ebene der Wahrnehmung, um uns danach selbst in verschiedenen Umfeldern wahrzunehmen und eigene Grenzen zu setzen. In manchen Situationen fühlt es sich richtig an, die innere Welt im Innen zu behalten und eine meditative, kontemplative Situation zu erleben. Gleichermaßen kann es uns danach drängen, die äußere Welt bewusst außerhalb von uns selbst zu halten. Dies fühlt sich ganz anders an, als das Außen im Innen wahrzunehmen oder gar das Innen nach außen zu kehren. Während wir uns im Raum bewegten und einander begegneten, versetzten wir uns jede dieser vier Möglichkeiten.
In einer Welt, in der wir Grenzen setzen dürfen und können, sind wir zwangsläufig mit Spannungen konfrontiert. Spannungen können wir ignorieren oder bewusst wahrnehmen. Treffen wir die Wahl für die erste der beiden Reaktionen und schlucken die Spannung runter, dann nehmen wir weder körperlich noch emotional wahr, sondern begegnen ihr mental. In diesem Fall ist es nicht möglich, eine andere Person an der eigenen inneren Welt teilhaben zu lassen und eine Resonanzbeziehung aufzubauen. Entscheiden wir uns für die bewusste Wahrnehmung, lässt sich die Spannung hingegen im Körper spüren und kann möglicherweise sogar als innerer Kompass dienen. Fühlen wir Spannung aktiv im Körper, können wir ihr Gehör schenken und finden vielleicht einen kreativen Umgang mit ihr. Wir können die Spannung wohlwollend begleiten und uns dabei eventuell von einer anderen Person unterstützen lassen. Das hat den Effekt, nicht zu verhärten und stattdessen trotz Spannung oder Irritation offen für die Begegnung mit uns selbst und einer anderen Person zu sein. In diesem Moment ist es uns möglich, in die Ko-Kreation zu gehen und die Spannung gemeinsam zu transformieren.
Ko-Kreation kann entstehen, wenn sich zwei oder mehr Menschen aufeinander einlassen; sie begegnen einander offen, indem sie einander zuhören und auf subtile Aspekte in sich selbst und der Person gegenüber achten. Im Workshop sind wir dieser Ko-Kreation durch das Tool Space-in-Between näher gekommen. Auf Basis vollständiger Präsenz kamen die Workshopteilnehmenden zusammen, um gemeinsame Bewegungen zu kreieren, teils mit festgelegter Leadership-Rolle, teils ohne eine designierte Führung und mit dem Anspruch, den jetzigen Moment ohne kognitiven Plan und stattdessen frei und kreativ im Miteinander zu gestalten.
Wenn ich in der Lage bin, mich zu spüren, kann ich auch dich spüren - wir können allein mit unseren Körpern und ganz ohne Worte kommunizieren.
Verbindung spüren und Ko-Kreation entfalten
Inspiriert von dieser Art, sich selbst und einander wahrzunehmen, beendeten wir das co:lab X mit einer gemeinsamen Reflexion und Diskussion. Viele der Teilnehmenden hatten bereits Erfahrung mit Embodiment-Praktiken und regten an, solche Erfahrungen und deren transformative Wirkung für eine breitere Masse sichtbar zu machen. Erfüllt von diesem gemeinsamen Abend bleiben wir mit der Frage zurück: Wie finden wir eine Sprache für die Notwendigkeit, uns unseren Körper und unseren Herzen anzunehmen? Denn eins ist klar: In Verbindung gehen lohnt sich. Die Zeit ist reif, um uns füreinander und miteinander zu öffnen, Räume für gemeinsame Erfahrungen zuzulassen und authentische Begegnungen zu ermöglichen und damit schließlich gesellschaftlicher Fragmentierung entgegenzuwirken.
Graphic Recording von Julia Hoffmann | Mosaics & Circles
Das nächste co:lab X findet am 24. April in Berlin statt. Das Thema dieses erfahrungsbasierten Raumes: Resilienz.
Wenn du dabei sein möchtest, melde dich gern bei Kerstin: kerstin.walter@betterplace-lab.org
Die co:lab X-Reihe ist Teil des betterplace co:lab-Programm. Alle weiteren Informationen zum Programm findet ihr auf unserer Webseite.
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