Digital Female Futures: Was wir vom ersten Round Table mitnehmen

Am 19. Juli fand der erste virtuelle Round Table in unserem Forschungsprojekt “Digital Female Futures” statt. Mit 24 Teilnehmer*innen aus 14 Organisationen haben wir darüber gesprochen, wie Frauen* mit niedrigem Einkommen empowert werden können, gleichberechtigt an der digitalisierten Arbeitswelt teilzuhaben – und was Bildungsanbieter*innen und Vereine brauchen, um hier wirksam zu sein.

Virtueller Raum für Austausch, Diskussion und Vernetzung

Trotz Sommerloch und Ferienzeit durften wir am 19. Juli eine Vielzahl unserer bisherigen Interviewpartner*innen im Kachelraum unseres Videokonferenz-Tools begrüßen. Seit Anfang des Jahres erforschen wir im betterplace lab, vor welchen Herausforderungen Frauen* mit geringem Erwerb in einer digitalisierten Arbeitswelt stehen, welche Möglichkeiten sie haben und welche Angebote der digitalen Kompetenzförderung es speziell für diese Zielgruppe gibt. Der Veranstaltung vorausgegangen waren – neben Desk Research und einem umfassenden Mapping – Interviews mit insgesamt 17 Anbieter*innen von Digital Upskilling Programmen aus Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen, sowie Gespräche mit elf Frauen*, die an den Angeboten zur Kompetenzförderung teilgenommen haben.

Mit diesem Round Table wollten wir nun einen kritischen Blick auf die vorläufigen Ergebnisse unserer Studie werfen, innovative Ansätze gemeinsam diskutieren und einen Raum für Austausch zwischen Akteur*innen schaffen, die ein Ziel eint: Frauen* für den digitalen Wandel in Alltag und Berufswelt stärken.

Digital Upskilling für Frauen* mit geringem Einkommen: Empowerment und existenzsichernde Beschäftigung

Beim Round Table ist nochmals deutlich geworden: Digitale Kompetenzen zu fördern bedeutet mehr als die Vermittlung von Hard Skills, die der Arbeitsmarkt braucht – sei es der Umgang mit gängigen Computerprogrammen oder gefragten Fähigkeiten wie Programmieren. Gemeinwohlorientierte Weiterbildungsakteur*innen schauen zuallererst auf die Bedürfnisse, Herausforderungen und das Potenzial der Frauen*. Das Ziel von Digital Upskilling ist deshalb die Stärkung der Frauen* in ihrer digitalen Mündigkeit und die Eröffnung eines Möglichkeitsraums für eine existenzsichernden Beschäftigung. Anders ausgedrückt: Durch Digital Upskilling Angebote werden Frauen* bestärkt, sich selbstständig, selbstgeführt und sicher in einer digitalisierten Welt bewegen zu können und durch einen Kompetenzaufwuchs besser am Arbeitsmarkt aufgestellt zu sein. Am Ende geht es also auch darum, eine Erwerbsarbeit finden zu können, die mit einem armutsfesten Einkommen einhergeht und die Frauen* finanziell resilient macht.

Um diese Ziele zu erreichen, braucht es einen ganzheitlichen Ansatz, der auf drei Hauptsäulen steht:

  1. Diversität anerkennen: Die Zielgruppe Frauen* ist in sich divers. An einem Upskilling-Angebot – ob online oder analog – nehmen Frauen* mit unterschiedlichen Hintergründen und gesellschaftlichen Positionen teil. Sie bringen eigene Erfahrungen mit und sind von strukturellen Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft unterschiedlich stark betroffen. Darüber hinaus können sich Wünsche und Anforderungen an Angebote unterscheiden.

  2. Lebenslagen von Frauen* verstehen und berücksichtigen: Eine alleinerziehende junge Mutter, die kurz vor der Ausbildung steht, braucht ein anderes Lernsetting als eine alleinstehende Frau* mittleren Alters, die sich beruflich neu orientieren möchte. Gute Angebote gehen auf unterschiedliche Lebens- und Erwerbsituationen ein. Ganz konkret kann das bedeuten: flexible Lernpläne und Kurszeiten, Kinderbetreuung, zusätzliche Sprachkurse, Leihgeräte oder auch Wellbeing-Workshops.

  3. Makrotrends mitdenken: Der digitale Wandel hat ein hohes Tempo und fordert ein ständiges Neu- und Umdenken. Starre Lernmethoden passen nicht mehr zu unserer schnelllebigen Zeit. Zusätzlich zu nötigen Hard Skills müssen deshalb stärker soziale sowie Meta-Kompetenzen vermittelt werden, z. B. kollaboratives Lernen und systemisches Denken.

Gute Förderung für ganzheitliche Ansätze

Was brauchen Organisationen, um Angebote so aufzusetzen, dass sie Frauen* ganzheitlich stärken können? Was bedeutet das für Fördersettings und wie kann eine gute Förderung aussehen? Auch zu diesen Fragen konnten wir beim Round Table ins Gespräch kommen. Die Kernergebnisse:

  • Empowerment erfordert Zeit und Ressourcen: Für ein ganzheitliches digitales Upskilling braucht es von Förderinstitutionen realistische Laufzeitvorgaben und ausreichend Mittel an den richtigen Stellen, z. B. für technische Ausstattung und eine faire Bezahlung von Mitarbeiter*innen.

  • Wirkung nicht nur in Zahlen verstehen: Förderinstitutionen sollten den konkreten Veränderungen bei der Zielgruppe mehr Bedeutung beimessen. Quantitative Zielgrößen müssen realistisch sein und um einen qualitativen Wirkungsansatz ergänzt werden.

  • Flexibilität und Spielraum statt starre Projektpläne: Eine One-size-fits-all-Lösung kann es für eine diverse Zielgruppe mit unterschiedlichen Lebenslagen in einer sich schnell wandelnden Welt nicht geben. Das muss auch in der Förderung Berücksichtigung finden. Weiterbildungsanbieter*innen brauchen deshalb auch förderseitig Flexibilität in der Gestaltung ihrer Angebote und Raum für Experimente und organisationales Lernen.

  • Partnerschaftliche Haltung für gute Kollaboration: Weiterbildungsanbieter*innen und ihre Förderinstitutionen eint das Ziel, Frauen* in einer digitalisierten (Berufs-)Welt zu fördern. Dort wo Partner*innen sich bewusst sind, dass sich auf das gleiche Ziel hinarbeiten, und Verständnis füreinander entwickeln, können gute Zusammenarbeit und wirksame Projektarbeit gelingen.

Innovation braucht Verbindungen

Zuletzt ging es beim Round Table auch darum, Schlaglichter auf bestehende innovative Ansätze zu werfen. In den Projekte “Digital Guides For Golden Agers” und “Social Business Women” des Wiesbadener Vereins BerufsWege für Frauen e.V. wird die Vermittlung von Kompetenzen z. B. direkt mit Verdienst- und Gründungsmöglichkeiten verbunden. Ein anderes innovatives Beispiel ist der Career Support und der starke Community-Ansatz der ReDi School of Digital Integration. Die Umsetzung von innovativen Ideen sind dort möglich, wo Netzwerke und gute Beziehungen zu Förderinstitutionen vorhanden sind. In anderen Worten: Wo Organisationen mit anderen verbunden sind, Unterstützung erfahren und gemeinsames Lernen gelebt wird.

Das Projekt Digital Female Futures wird gefördert von J.P. Morgan. Das Unternehmen setzt sich weltweit in 37 Ländern im Rahmen eigener Programme und in Zusammenarbeit mit Organisationen für mehr wirtschaftliche Teilhabe und Chancengerechtigkeit ein.


(1) Wir nutzen das Asterisk (*), um den Konstruktionscharakter von Geschlecht zu verdeutlichen und zu zeigen, dass es mehr Geschlechtsidentitäten als “Männer” und “Frauen” gibt. Zudem lässt das Asterisk Raum für Multidimensionalität und bildet unterschiedliche gesellschaftliche Positionierung und Erfahrungen besser ab – wenn auch unvollständig.

Foto: CoWomen | Unsplash

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