Agilität in Aktion: Die Zivilgesellschaft in der Krise

Liebe Leser*in,

mit jetzt-digital-handeln.org haben wir als Antwort auf die Corona-Krise ein Unterstützungsangebot auf die Beine gestellt, das Akteur*innen in Organisationen beim Sprung ins Digitale hilft. Die Beratungsstunden sind inzwischen abgeschlossen, inspirierende Digital-Methodenzusammengetragen, Checklisten für gelungene (digitale) Veranstaltungen geschrieben und Interviews mit Stimmen aus der Zivilgesellschaft geführt – ob zum Onboarding im Home Office oder zur ständigen Remotee-Anbindung. All das bleibt Euch natürlich erhalten!

Der offizielle Projektabschluss ist ein guter Zeitpunkt, um auf das Projekt zurückzuschauen und zu resümieren, was wir erlebt, gesehen und gelernt haben, und den Blick nach vorne zu richten und darauf, was für uns als nächstes kommen muss.

Wie haben wir die Zivilgesellschaft in der Krise wahrgenommen?

Zunächst mal war da ganz viel Wunsch nach Austausch und gemeinsam Wirken wollen! Allein der Entstehungskontext des Projekts zeigt uns, dass es die Zivilgesellschaft in einem entscheidenden Moment schafft, an einem Strang zu ziehen und sinnvolle Lösungen zu stricken.

Zu Beginn der Krise sprachen wir mit Organisationen, die so wie wir den Bedarf an Unterstützungsprogrammen sahen und konnten mit unserem Angebot deren Vorhaben ergänzen: Die Coffee Talks vom Heldenrat würden Interessierten mit Rat und Tat für ihre erste virtuelle Moderation zur Seite stehen, die Plötzlich digital-Sprechstunde würde zu verschiedenen Themen Input- und Austauschrunden organisieren und darüber hinaus wertvollen Content auf der D3-Plattform schaffen, und wir würden ergänzend im geschützten Raum konkrete Fragen und Herausforderungen in Einzelgesprächen besprechen. Unser Fokus hierbei wie auch bei der Erstellung von Content lag stets auf der Integrationskomponente und damit verstärkt auf dem Beziehungsaspekt, dem “wie kommen wir nun digital zusammen”.

Durch den offenen Austausch und das Abklopfen auf Synergien konnten wir in kurzer Zeit gemeinsam eine Angebotslandschaft bereitstellen, bei der zivilgesellschaftliche Akteur*innen bedarfsgerecht Hilfe erhielten. Mit einigen Akteur*innen haben wir das in der Session “Die große Chance ist jetzt: Können wir das, agil und systemisch?” beim Digital Social Summits reflektiert – gerne nachhören!

Was haben wir in den Beratungsstunden gesehen?

Viel Bewegung gab es auch in der Organisationslandschaft. In den fast 40 Beratungsgesprächen, die wir mit kleinen wie großen Organisationen führten, haben wir viel Offenheit erlebt: Offenheit dafür, Programme schnell auf digital umzusatteln, neue digitale Wege zu bestreiten und auch mit Formaten zu experimentieren. Die initialen Anliegen der Organisationen reichten von spezifisch bis umfassend: das Planen einer digitalen Veranstaltung, die Überlegung, ob eine digitale Stipendiat*innen-Woche überhaupt Spaß machen kann oder auch die große Frage: “Wie arbeiten wir als Team nun digital gut zusammen?”.

Ein steter Diskussionspunkt in allen Fragen war die Anerkennung der Tatsache, dass es mit einem “Quick Fix”, beispielsweise dem schlichten Durchführen einer analogen Zusammenkunft im digitalen Raum, nicht getan ist. Denn es geht um weitaus mehr, nämlich den nachhaltigen Kompetenzaufbau in den eigenen Reihen, Anpassungen in der Teamarbeit und im Arbeits- und Kommunikations-Flow. Letztlich muss in den Köpfen der eigenen Organisation Verständnis oder zumindest die Bereitschaft zu Veränderung wachsen!

Im 1:1-Setting ließ sich leicht darüber sinnieren, welche konkreten ersten Schritte man für diese Mammutaufgabe gehen könnte und so wurden auch waghalsige Gedanken in den Raum geworfen, z.B. wie wär es damit, im Kleinen alte Hierarchie-Muster aufzubrechen und die tech-affine Werkstudentin in Entscheidungen zu Data-Policy-Themen mit einzubinden?

Vor allem aber schien es gut zu tun, zugeben zu dürfen, dass in der Praxis alles nicht immer so einfach ist, wie es sich in der Theorie anhört.

Die Situation hat deutlich gemacht, dass Veränderung eine Treiber*in braucht, Zeit und Muße, und ein Umfeld, in dem man sich traut, sich in neue Gefilde zu wagen. Neben Experimentiergeist ist vor allem eine konstruktive Fehlerkultur nötig und die Reflexion um die oftmals kurze Halbwertszeit von Informationen im Bereich von Innovation.

Was haben wir dank der Initiative gelernt und was kommt nun?

Das Projekt jetzt-digital-handeln.org hat uns deutlich gezeigt: Die digitale Transformation wird uns alle noch eine Weile beschäftigen!

Um diese Transformation mit und für möglichst viele Menschen zu gestalten, müssen wir vor allem zivilgesellschaftliche Akteur*innen mit notwendigen Kompetenzen ausstatten, sich selbst durch eine sich stets wandelnde Welt zu navigieren. Diese werden oftmals unter dem Begriff “Zukunftskompetenzen” gefasst und meinen neben Digital Literacy-Skills auch die Ebene der Reflexionskompetenz. Grundlegend für das Erlangen dieser Kompetenzen ist es, Menschen mit der Fähigkeit auszustatten, Veränderung zuzulassen und sie gestalten zu können.

Diese von uns als “Veränderungsfähigkeit” bezeichnete Kompetenz gilt es zu erforschen und weiterzuentwickeln: Was bedeutet Veränderungsfähigkeit? Wie ist es um die Veränderungsfähigkeit im sozialen Sektor bestellt? Und schließlich: Wie können wir an dieser Stelle nachhaltig stärken?

Im betterplace lab beschäftigt uns seit jeher der Zusammenhang von Wandel im Außen und Wandel im Innen. Aus unserer Sicht verdeutlicht die Corona-Krise diesen Zusammenhang wie kaum eine Situation zuvor. Wir wollen dieses Momentum nutzen, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen.

Haben wir Euer Interesse am Thema geweckt? Wir sind auf der Suche nach Umsetzungspartner*innen, um das Thema in einer Studie einmal fundiert unter die Lupe zu nehmen und dann konkrete Schritte für die Zivilgesellschaft abzuleiten. Wir freuen uns, wenn Ihr hierzu Kontakt mit uns aufnehmt: katja.jaeger@betterplace.org

Unser Podcast

Die erste Folge in der Resilienz-Reihe